Warum Lkw-Überholverstöße auf der Autobahn für die Polizei schwer zu ahnden sind
Zwei Lkw auf der Autobahn setzen zum Elefantenrennen an und halten den gesamten Verkehr hinter sich auf. Eine Situation, die fast jedem Autofahrer die Laune verdirbt. Mehr als die Geschwindigkeit anzupassen und geduldig auf das Ende des Überholvorganges zu warten, bleibt da nicht übrig. Und auch die Polizei tut sich schwer, solche Mehrtonner-Wettrennen zu ahnden. Denn laut dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) müssen die Ordnungshüter konkret beweisen, ob der Überholvorgang tatsächlich zu lang war.
Überholverstoß muss konkret nachweisbar sein
Eigentlich sind Überholmanöver auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn nur dann erlaubt, wenn der Überholende das zu passierende Fahrzeug mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit hinter sich lassen kann. Über einen Verstoß kann man laut ADAC dann sprechen, wenn die Differenzgeschwindigkeit weniger als zehn Kilometer pro Stunde beträgt. Der Vorgang darf insgesamt nicht länger als 45 Sekunden dauern, was auch das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil aus dem Jahr 2008 bestätigt hat (4 Ss OWi 629/08).
Dass die Geschwindigkeit nicht hoch genug war und dieses Zeitlimit überschritten wurde, muss aber auch konkret nachgewiesen werden können. Das hat das Bayerische Oberste Landesgericht in einem aktuellen Gerichtsurteil (Az.: 202 ObOWi 90/24) entschieden. Steht der Vorwurf des falschen Überholens im Raum, müssen die Ordnungshüter demnach konkret Aufschluss darüber geben, anhand welcher Zählweise oder Methode sie den Überholverstoß festgestellt haben. Ein subjektives Gefühl ist nicht ausreichend.
Der Vorwurf: Sattelzug zieht zu langsam vorbei
Nach Angaben des Polizeibeamten, der die Situation vom Streifenwagen aus beobachtete, soll das Manöver in dem zugrunde liegenden Fall mehr als eine Minute gedauert haben. Dadurch habe sich der Verkehr hinter den Lkw gestaut. Hätte das Geschwindigkeitsplus mindestens 10 km/h betragen, wären es nur 45 Sekunden gewesen – so der Vorwurf an den Brummifahrer.
Zudem habe er den Mindestabstand beim erneuten Einscheren auf die rechte Spur nicht eingehalten. Die Folge: ein Bußgeld in Höhe von 200 Euro sowie ein Monat Fahrverbot.
Der Fahrer des Lkw bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und legte Einspruch ein. Das Amtsgericht Mühldorf am Inn verurteilte ihn dennoch in erster Instanz, wogegen er aber erfolgreich Rechtsbeschwerde einlegte.
BayObLG: Zeugen müssen Lkw-Überholverstöße nachweisen können
Das oberste Gericht des Freistaates Bayern gab der Beschwerde statt und verwies den Fall zurück an das Amtsgericht. Der aus dem Streifenwagen beobachtende Polizist habe nicht ausreichend dargelegt, auf welcher Grundlage er die vorgeblich zu geringe Geschwindigkeit beziehungsweise die zu lange Überholzeit eingeschätzt hatte.
Der Beamte hätte daher seine Zählweise und -methode nachvollziehbar darlegen und z.B. anhand von Fahrbahnmarkierungen oder anderen objektivierbaren Tatsachen erläutern müssen. Die bloße gefühlsmäßige Einschätzung eines Zeugen reiche nicht aus, um den Vorwurf des zu langsamen Überholens zu belegen.
Das Urteil wird es der Polizei auf der Autobahn nicht leichter machen, etwas gegen die unbeliebten Elefantenrennen-Blockaden zu unternehmen. Dabei dürften Lkw über 3,5 Tonnen allein aufgrund ihrer vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h auf der Autobahn sowieso nur in wenigen Fällen zum Wettrennen der Autobahn-Mammuts ansetzen.
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Quellen: fnp.de, gesetze-bayern.de, openjur.de