Der Albtraum vieler E-Auto-Fahrer: Die Fahrt auf der Autobahn endet plötzlich mangels Stroms. Dieses Szenario ist Wasser auf den Mühlen der Kritiker, die stets damit argumentieren, dass die Reichweite nicht groß genug wäre. Auch die zu lange Dauer der Ladevorgänge wird häufig moniert. Das Verkehrsministerium wollte das verbessern und vergab den Auftrag für schnellere Ladestellen an den größten Betreiber von Autobahnraststätten „Tank & Rast“. Mitbewerber fühlten sich benachteiligt und streiten vor Gericht. Der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur ist somit vorerst gestoppt.
Deutschland braucht mehr Schnellladestationen
Elektroautos können eine klimafreundliche Alternative zu den herkömmlichen Autos darstellen. Hierbei wird anstelle von fossilen Brennstoffen Strom als Kraftstoff für den Motor des Autos genutzt. E-Autos von Herstellern wie Tesla oder Jaguar sieht man immer häufiger auf den deutschen Straßen. Um noch mehr Autos auf die Straße zu bringen, gehört auch der Ausbau der entsprechenden Infrastruktur dazu. Dabei sind besonders auf Autobahnen sogenannte „Schnellladestation“ wichtig. Bei einer Schnellladestation handelt es sich um eine Einrichtung, an der Batterien von Elektroautos ‚aufgetankt‘ werden können. Im Vergleich zu normalen Ladesäulen, wo eine volle Ladung etwa zwei bis sechs Stunden dauert, muss bei einer Schnellladesäule das Auto nur 30 bis 60 Minuten angeschlossen sein. Diese sind in unserem niederländischen Nachbarland an so gut wie jeder Tankstelle und Raststätte bereits vorhanden. Deutschland hinkt dabei hinterher.
Deshalb wurde 2021 ein neues Schnellladegesetz (SchnellLG) erlassen, um den Ausbau einer Schnellladeinfrastruktur in ganz Deutschland zu ermöglichen und zu beschleunigen.
Tank & Rast soll schnellere Ladestationen aufstellen
Etwa 90 Prozent aller deutschen Autobahnraststätten werden von der Autobahn Tank & Rast GmbH & Co. KG betrieben. Legal Tribune Online erläutert: „Grundlage sind Ende der 1990er Jahre geschlossene Konzessionsverträge mit dem Bundesverkehrsministerium. Damals hieß das Unternehmen aber noch "Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen" und gehörte dem Bund selbst. Dieser vergab inhouse von 1996 bis 1998 Konzessionsverträge für Raststätten und Tankstellen an diese bundeseigene Gesellschaft, die 1998 privatisiert wurde und seitdem Tank & Rast heißt“.
Diese Konzessionsverträge haben heute noch Bestand. Somit lag die Entscheidung nahe, dass Tank & Rast auch für den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur verantwortlich sein sollte. So wurden die Verträge entsprechend ergänzt. Denn sowohl Tank & Rast und die Bundesregierung sind der Auffassung, dass die Konzessionsverträge im Nachhinein angepasst werden können. Schließlich konnten sie beim Abschluss nicht wissen, dass eine Ladeinfrastruktur für E-Autos erforderlich sein wird. Die Firma soll nun Schnellladestation errichten und auch betreiben.
Was sagt das SchnellLG dazu
Das Schnellladegesetz (SchnellLG) schreibt das auch im § 5 Absatz 3 vor:
„Soweit die Bereitstellung von Schnellladeinfrastruktur nach Absatz 1 nicht bereits Inhalt des nach § 15 Absatz 2 Satz 2 des Bundesfernstraßengesetzes abgeschlossenen Konzessionsvertrages ist, bietet die Gesellschaft privaten Rechts nach § 1 des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3141), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1528) geändert worden ist, dem Inhaber einer Konzession zum Betrieb eines Nebenbetriebs mit Tankstelle unter Berücksichtigung der Gewinnaussichten die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnellladepunkte an.“
Somit gab es kein EU-weites und öffentliches Vergabeverfahren, welches in der Regel bei solchen Projekten stattfinden müsste. Andere Anbieter von Schnellladestation sehen hier einen Verstoß gegen EU-Richtlinien.
Konkurrenz verlangt ein Nachprüfungsverfahren
Nicht nur bei Unternehmen wie Fastned oder Tesla ist das Interesse an der Beteiligung an der Installation der Schnellladeinfrastruktur in Deutschland groß. Die Bekanntgabe der Vergabe an Tank & Rast sorgte somit für Unmut bei den Mitbewerbern. Stern berichtet: „Tesla und Fastned leiteten daraufhin im Mai 2022 ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer des Bundeskartellamtes ein. Aber die Vergabekammer wies den einen Monat später zurück“. Denn die Kammer sei der Auffassung, dass die vorherigen Konzessionsverträge den Ausbau der Schnellladestationen bereits umfassten.
Widerspruch beim OLG eingereicht
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer legen verschiedene Anbieter von Schnellladestationen Beschwerde beim Vergabesenat am Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) ein. Legal Tribune Online berichtet: „Der Senat entschied nun, dass die folgende Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorgelegt werden müsse: ‚Ist Art. 27 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/24/EU an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen?‘“.
Die Richtlinie 2014/24/EU betrifft genau die Vergabe von öffentlichen Aufträgen.
Entscheidung des EuGH steht noch aus
Bis zu einer Entscheidung des EuGH muss der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur warten. Dabei war im SchnellLG der Bau von 1000 neuen Schnellladestationen bis 2023 vorgesehen. Eine öffentliche Vergabe würde der Konkurrenz erlauben, bei der Installation mitzumischen. Somit würde auch verhindert werden, dass Tank & Rast ein Monopol für den Betrieb der Ladestationen hätte. Oftmals wird genau dieser Punkt kritisiert. Denn die Wettbewerbsmöglichkeiten aller Beteiligten an dem Geschäft sollten ausgeglichen sein. Ob die Richter des EuGH der Anpassung der Konzession zustimmen, steht noch aus. Wenn ja, würde Tank & Rast etwa 90 Prozent aller Schnellladestationen an deutschen Autobahnen betreiben.
Bis zu dem Urteil des EuGH, müssen die meisten E-Auto-Fahrer weiterhin mit den oftmals langsameren Ladestationen auskommen.
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