Welchem Geschlecht kommen mehr Kraftausdrücke über die Lippen?
Schimpfen ist gesund! Durch das Fluchen sind Menschen in der Lage, sich negativer Gefühle zu entledigen. Ein solcher Coping-Mechanismus kann im fordernden Straßenverkehr schon einmal eine kurze Stresslinderung für den Fahrer bewirken. Aber gilt das auch für die Fahrerin? Oder sind, wie manche behaupten, Frauen sogar die größeren Kesselflicker im Auto?
„Es ist wie bei einem dampfenden Kessel: Irgendwann muss der Druck raus“
Wer hat nicht schon einmal auf dem Fahrersitz gesessen und mit kritisch zusammengekniffenen Augen gedacht: „Was für ein Vollidiot“? Der „Idiot“ ist einer aktuellen Umfrage zufolge jedenfalls das beliebteste Schimpfwort der Deutschen im Auto.
Über das schallisolierte Fluchen im Auto bauen wir unseren Stress ab. Dass sich die negativen Emotionen nicht aufstauen, ist wichtig. Denn wer den Ärger in sich hinein schluckt, kann daran auch erkranken.
Stressforscher Dr. Udo Baer erklärt die Funktion von Kraftausdrücken wie folgt: „Fluchen dient als Ventil, um angestaute negative Emotionen herauszulassen. Es ist wie bei einem dampfenden Kessel: Irgendwann muss der Druck raus. Schimpfworte eignen sich sehr gut, um die Psyche zu entlasten – genauso wie alles andere, was Emotionen von innen nach außen lässt“, so der Experte.
Vorsicht vor Kraftausdrücken und beleidigenden Gesten im Straßenverkehr
Dass das Schimpfen im Auto nicht von ungefähr kommt, ist aber kein Freifahrtschein fürs Fluchen im Straßenverkehr. Paragraf 185 des Strafgesetzbuches (StGB) sieht für Beleidigungen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen vor. Die Gefängnisstrafe kann sogar bis zu zwei Jahren betragen, „wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird […]“.
Wer keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten will, sollte auf Kraftausdrücke und beleidigende Gesten wie den Mittelfinger verzichten. Andernfalls drohen empfindliche Geldstrafen. Das betrifft in der Praxis aber nur wenige Autofahrer, denn laut welt.de schimpfen nur zwei Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen tatsächlich hörbar laut.
Wer schimpft mehr im Auto – Männer oder Frauen?
Unter den ungebremsten Schreihälsen im Kfz sind die Vertreter des weiblichen Geschlechts offenbar eine Nasenspitze voraus. Wie sieht es aber bei der großen Mehrheit der Männer und Frauen aus, deren Beleidigungen das Fahrzeug in der Regel nicht verlassen?
Welt.de zitiert eine Studie von Car-Gurus, der zufolge das Fluchen „eher Frauensache sei“. Die Autorin spricht von 70 Prozent der befragten weiblichen Autofahrerinnen, die „schimpfen wie die Kesselflicker“. Zudem führten Frauen „seit Jahren die Fluchstatistiken“ an. Allerdings veröffentlicht das im anglo-amerikanische Autovergleichsportal seit Jahren keine Statistiken dieser Art und andere Erhebungen kommen zu deutlich anderen Ergebnissen.
So etwa die kürzlich veröffentlichte Online-Umfrage der Dashcam-Hersteller Nextbase, die zumindest ein geschlechtsspezifisches Teilergebnis ihrer Erhebung veröffentlichen: Die Gruppe der Befragten, die laut eigener Aussage nie flucht, ist bei Männern und Frauen mit je 16 und 14 Prozent fast ausgeglichen. Wie die anderen Antworten ausfielen, teilt Nextbase aber leider nur auf Anfrage mit.
Auch die ukrainische Schimpfwortforscherin Oksana Havryliv ist auf keine signifikanten Geschlechterunterschiede beim Verwenden von Kraftausdrücken gestoßen. Den Ergebnissen ihrer Doktorarbeit zufolge unterscheide sich das Fluchen im Kfz von Männern und Frauen weder qualitativ noch quantitativ. Beide Geschlechter verwendeten etwa in demselben Maße Fäkalausdrücke.
Dass Umfragen zum Fluchen mit einer gewissen Sorgfalt durchgeführt werden müssen, liege an der sozialen Erwünschtheit. Viele Interviewpartner und Interviewpartnerinnen gaben erst infolge des Nachhakens der Forscherin zu, am Steuer zu zetern. Nach ihren Erkenntnissen „schimpfen Menschen am häufigsten beim Autofahren, zumal die Beschimpften die verbalen Schmähungen meist nicht mitbekommen.“
Das Fluchen ist am Ende des Tages nur ein Mechanismus, der uns hilft, mit Stress umzugehen. Im Auto nutzen wir ihn, weil wir wissen, nicht gehört zu werden – egal ob Männlein oder Weiblein.
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Quellen: welt.de, schwartzpr.de, augsburger-allgemeine.de