Computersoftware ist fehleranfällig – auch im Auto
Moderne Fahrzeuge sind im Wesentlichen mobile Rechner, ohne Software läuft kaum etwas. Da diese aber oft mit Bugs, Bluescreens und Sicherheitslücken zu kämpfen hat, gibt es auch immer mehr softwarebedingte Fahrzeugrückrufe. Laut einer aktuellen Auswertung eines US-amerikanischen Online-Magazins sollen Programmfehler bereits für ein Viertel aller Fahrzeugrückrufe in den USA verantwortlich sein. Ist das Auto durch die Digitalisierung störanfälliger geworden?
Sprunghafter Anstieg bei Softwaremacken
Die Daten, auf die sich das Technologiemagazin Ars Technica stützt, stammen von der Anwaltskanzlei DeMayo Law. Diese hat die Rückrufzahlen der US-Bundesbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) aus zehn Jahren ausgewertet, um die häufigsten Gründe für Fahrzeugrückrufe in den Vereinigten Staaten zu ermitteln.
Demnach pendelte die Quote der von fehlerhafter Software ausgelösten Rückrufe in der zweiten Hälfte der 2010er immer zwischen 12 und 13 Prozent. Im Jahr 2021 war dieser Anteil bereits auf 17 Prozent angestiegen. 2022 erreichte die Quote mit fast 22 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt, der schon wieder im Folgejahr mit 23 Prozent getoppt wurde.
Die Tendenz der Fahrzeug-Rückholaktionen der Hersteller ist also steigend, allerdings muss nicht jedes Fahrzeug tatsächlich physisch in die Werkstatt zurückgebracht werden. Heute genügt es bei Softwarefehlern oft, ein Update kabellos (OTA, „over-the-air“) durchzuführen. Häufig betroffene Komponenten sind Rückfahrkameras, Kollisionswarnsysteme, automatische Notbremsen sowie Airbags und Antriebsstränge.
Vernetzung des Autos birgt neue Risiken – aber auch Chancen
Mit jedem Helferlein und Assistenten wird die Soft- und Hardware im Auto komplexer. Ganz zu schweigen von der Tendenz, das Cockpit zu einem multimedialen Feuerwerk aus Touchscreens und Entertainment zu machen. Da überrascht es auch nicht, dass sich die Fehleranfälligkeit moderner Computer auch auf das Auto überträgt.
Trotzdem sollten Autofahrer nicht zu Cyber-Schwarzsehern werden. Die neuen Technologien können auch frische (Software-)Lösungen für alte (Hardware-)Probleme liefern. So hat etwa Ford eine Software entwickelt, die verhindert, dass sich E-Auto-Ladeanschlüsse überhitzen. Jaguar hat kürzlich aus der Ferne ein Update ausgerollt, mit der die Batterien seines E-SUV I-Pace nicht vollständig geladen werden, nachdem überhitzte, vollgeladene Batterien einen Brand verursacht hatten.
Ein Sprecher von DeMayo fasst die Chancen der „rollenden Computer“ wie folgt fest: „Die wachsende Zahl softwarebezogener Rückrufe in Verbindung mit der Möglichkeit, Probleme aus der Ferne zu beheben, könnte das Rückrufverfahren sowohl für die Hersteller als auch für die Fahrzeugbesitzer revolutionieren.“
Welcher Hersteller musste am häufigsten zurückrufen?
Die meisten Rückrufe stellte DeMayo übrigens bei Chrysler fest. Seit 2014 mussten dort 82 Fahrzeuge wegen mangelhafter Software zurückgerufen werden. Es folgen Ford mit 66 und Mercedes-Benz mit 60 Rückrufaktionen. Der Elektroautohersteller Tesla erreichte mit 25 Fällen den achten Platz.
Fazit
Vernetzung und Digitalisierung haben neue Schwachstellen im Auto entstehen lassen. Die Hersteller in Fernost und Übersee, aber auch hierzulande überbieten sich mit immer mehr Wohnzimmer-Funktionen am Lenkrad, zu denen aufgrund von Regularien aus der Politik auch immer mehr obligatorische Assistenzsysteme hinzukommen.
Politik, Industrie und Verbraucher werden sich in Zukunft verstärkt die Frage stellen müssen: Wie viel Unterhaltung verträgt ein sicheres Auto? Und wie gehen wir mit der Angst vor schadhafter Soft- und Hardware aus Ländern wie China um?
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Quelle: golem.de