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Amtsge­richt (AG) Frankfurt am Main musste Schnapspralinen-Gutachter beauftragen

Bei einem Autofahrer aus Hessen wurden 1,32 Promille festge­stellt, obwohl er nach eigenen Angaben keinen Schluck Alkohol getrunken hatte. Quasi „unabsichtlich“ habe er sich mit Schoko­pra­linen berauscht, dessen feucht­fröh­liche Füllung ihm angeblich nicht aufge­fallen war. Eine hochpro­zentige Story, deren Wahrheits­gehalt das Gericht sogar durch einen eigens einbe­ru­fenen Schoko-Sachverständigen prüfen ließ.

Autofahrer nimmt Amtsgericht Hops: 1,32 Promille wegen Likörpralinen?
Maren Winter / shutterstock.com

Fake-Kirschpraline mit Umdrehungen

Bereits seit 1957 vermarktet ein bekannter italie­ni­scher Süßwa­ren­her­steller seine Likör­pra­linen mit dem Hinweis auf das Quali­täts­merkmal der „Piemont-Kirsche“. Sie ist aber lediglich ein Produkt der Werbe­industrie, denn in der Alpen­region Piemont gibt es gar keine Kirschen.

Nicht ganz so fake wie die Stein­frucht ist der Inhalt der Schoko-Leckerbissen: Auf 100 Gramm Praline kommen laut dem Hersteller acht Milli­liter Alkohol. Genug, um selbst bei mäßigem Genuss die eigene Fahrtüch­tigkeit in Frage zu stellen.

Spontan im Auto mit Pralinen geweckt

Ein Autofahrer aus Hessen sah darin offenbar kein Problem, was schließlich zu einer kuriosen Gerichts­ver­handlung am Amtsge­richt Frankfurt am Main führte.

Laut eigener Aussage vom Tag der Tat brauchte der Mann nach dem Saunagang eine Auszeit und legte sich für eine Weile in sein Auto. Ein kurzes Nickerchen später sei er von einem Pärchen geweckt worden, das ihm eine Tüte Pralinen angeboten habe. Wegen seines Hungers und weil er das Geschenk nicht hinter­fragte, verzehrte er gleich knapp zehn der schoko­la­digen Zuckerbomben.

1,32 Promille bei der Polizeikontrolle

Kurz darauf setzte er seine Fahrt fort, wurde aber von einer Polizei­streife heraus­ge­fischt, weil er eine rote Ampel überfahren hatte. Die Beamten bemerkten jedoch nicht nur den Rotlicht­verstoß, sondern auch einen deutlich wahrnehm­baren Alkoholgeruch.

Daraufhin wurde der Verkehrs­teil­nehmer zu einem Atemtest aufge­fordert, der ein Ergebnis von 1,4 Promille ergab. Ein anschließend durch­ge­führter Blutal­ko­holtest zeigte einen Wert von 1,32 Promille. Vor dem Amtsge­richt stand nun die Frage nach der Glaub­wür­digkeit des Mannes im Raum, der vorgab, sich völlig unabsichtlich berauscht zu haben.

Zu groß war die Freude über die Schnapspralinen

Während der Verhandlung erkun­digte sich das Gericht, um welche Art von Pralinen es sich gehandelt habe. Der Angeklagte erklärte daraufhin, es habe sich um dunkle Zartbit­ter­scho­kolade gehandelt. Beim Verzehr habe er nur den Schoko­la­den­ge­schmack wahrge­nommen, den Alkohol habe er nicht bemerkt: „Es hat nur leicht gebrannt“, so der Autofahrer.

Die Frage des Gerichts, ob die Pralinen Flüssigkeit enthielten, bejahte der Angeklagte. Auf die Frage, ob er nicht hätte annehmen müssen, dass es sich um eine alkoho­lische Flüssigkeit gehandelt habe, antwortete er, er habe sich nur über das Geschenk gefreut und sich keine Gedanken gemacht.

AG Frankfurt beruft Schoko-Sachverständigen ein

Um die Glaub­haf­tigkeit dieser Schil­derung auf den Prüfstand zu stellen, holte das Gericht ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten ein. Der Gutachter legte darin dar, wie viele Pralinchen einer bekannten Marke der Angeklagte hätte konsu­mieren müssen, um die festge­stellte Blutal­ko­hol­kon­zen­tration von 1,32 Promille zu erreichen. Demnach wären es etwa 0,2 bis 0,3 Liter hochpro­zen­tiger Alkohol (40 bis 60 Prozent) gewesen, was mindestens 132 Likör­pra­linen entsprochen hätte.

Damit wurde das Gericht, das ohnehin schon skeptisch war, in seiner Tendenz bestätigt. Um den festge­stellten Blutal­ko­holwert zu erreichen, hätte jede der Pralinen mehr als zwei Zenti­liter eines 40-prozentigen Gemischs enthalten müssen.

Wegen Trunkenheit im Straßen­verkehr verurteilt

Angesichts dieser Menge hielt es das Gericht für äußerst unwahr­scheinlich, dass der Angeklagte die alkoho­lische Füllung der Pralinen nicht bemerkt haben könnte. Es stufte seine Aussage daher als unplau­sible Schutz­be­hauptung ein und verur­teilte den Autofahrer aus Hessen schließlich wegen vorsätz­licher Trunkenheit im Straßen­verkehr (29.08.2024, Az. 907 Cs 515 Js 19563/24).

Neben einer Geldstrafe hatte dies auch den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Quelle: lto.de