Wegen Straßenrennen: Verkehrsforscher will jungen Männern die Fahrerlaubnis verweigern
Allein in Berlin finden nach Angaben der Polizei im Schnitt täglich zwei illegale Straßenrennen statt. Nicht selten kommen dabei auch Menschen zu Schaden. Da die Täter in der Regel jung und männlich sind, fordert ein Berliner Soziologe und Mobilitätsforscher nun, das Mindestalter für junge Männer auf 26 Jahre anzuheben. Dass dies auch zu Lasten der wirtschaftlichen und beruflichen Perspektiven der Heranwachsenden geht, scheint ihn kaum zu stören.
„Veralteter Männlichkeitswahn“ soll Temposünder antreiben
„Wenn die Unfälle durch Raserei nicht abnehmen, muss darüber gesprochen werden, ob Männer erst mit der Vollendung des 26. Lebensjahres einen Führerschein bekommen sollten“, so der Appell des Berliner Soziologie-Professors Dr. Andreas Knie gegenüber dem RBB. „Da stecken alte archaische Strukturen dahinter und ein längst veralteter Männlichkeitswahn, der da seine Auslebung findet.“
Tatsächlich sind Rasen und illegale Straßenrennen ein Problem, besonders in Berlin. Erst am vergangenen Wochenende schoss laut bild.de ein 25-jähriger Raser durch Schöneberg und verletzte mehrere Menschen zum Teil schwer, nachdem sich sein Auto überschlagen hatte.
Jeden Tag stellt die Polizei in der Hauptstadt durchschnittlich zwei illegale Autorennen fest, im vergangenen Jahr sollen es insgesamt 593 gewesen sein. Zum Vergleich: In ganz Deutschland fanden im gleichen Zeitraum 1.733 illegale Rennen statt, wobei auch Solorennen mitgezählt werden. Eine Umfrage von spiegel.de will sogar 6.187 Verdachtsfälle gezählt haben.
Auch ohne Führerschein kann man andere gefährden
Ja, es muss etwas gegen die rücksichtslose Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch Raser und Möchtegern-Rennpiloten unternommen werden.
Der klassische Verbotsvorschlag aus dem Soziologieseminar erscheint jedoch realitätsfern und stört sich offensichtlich nicht daran, dass er die beruflichen und wirtschaftlichen Chancen junger Menschen massiv einschränkt und sie für die Verfehlungen Einzelner in Geiselhaft nimmt.
Der Wirklichkeit fremd ist der Vorstoß von Professor Knie schon allein deshalb, weil man schlicht auch ohne „Lappen“ an einem illegalen Straßenrennen teilnehmen kann. So wurde laut noz.de erst vor wenigen Tagen ein 18-jähriger Mann ohne Fahrerlaubnis wegen eines Alleinrennens vor dem Amtsgericht Papenburg verurteilt.
Der „Lappen“ ist mehr als nur eine Fahrerlaubnis
Darüber hinaus ist der Führerschein für junge Menschen (Mädchen und Frauen eingeschlossen) oft mehr als nur eine Fahrerlaubnis im Scheckkartenformat. Glaubt man einer Umfrage von DEVK und Civey, sieht die Mehrheit der Gen Z (über 90 Prozent) das Auto sogar als obligatorisches Must-have. Selbst die hohen Kosten von bis zu 4.500 Euro in der Fahrschule scheinen nicht gänzlich abzuschrecken.
Darüber hinaus ist der Führerschein für viele junge Menschen unersetzlich. Sei es, um sich z.B. durch einen Nebenjob als Fahrer das Studium zu finanzieren oder einfach nur, um (vor allem in ländlichen Gebieten) den Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu erreichen.
„Viele meiner jüngeren Freunde warten sehnsüchtig auf ihren Führerschein“
Der jüngste Vorstoß von TU-Professor Knie kommt daher bei den von bild.de befragten jungen Männern alles andere als gut an. „Ich habe mit 19 den Führerschein gemacht“, erzählt Azubi Devin aus Berlin-Wedding. „Mit 26 ist es zu spät, besonders für Berufstätige aus dem Umland. Wieso nimmt man den Schuldigen ihren Führerschein nach besonders schweren Unfällen nicht einfach weg?“
Auch der Dönerverkäufer Fatih Karasu (25) kann mit dem „Lappen ab 26“ nicht viel anfangen. „Viele meiner jüngeren Freunde warten sehnsüchtig auf ihren Führerschein, um endlich zu fahren und verreisen zu können.“
Fazit
In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung ist es wichtig, alle Bürger im Blick zu haben und eine Lösung für ein Problem zu finden, mit dem sich links und rechts, Jung und Alt, Mann und Frau zumindest halbwegs anfreunden können. Der Vorstoß von Prof. Dr. Knie würde eher das Gegenteil bewirken.
Denn das Anheben des Mindestalters für den Führerschein auf 26 Jahre nur für Männer, steht dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz der Geschlechter diametral entgegen.
Zusätzlich würden außerdem die beruflichen Perspektiven von Millionen von Menschen beschnitten. Dass dies gerade in der Rechnung eines Soziologen fehlt, der die sozioökonomischen Bedingungen dieser Altersgruppe kennen und berücksichtigen sollte, wirkt mehr als befremdlich.
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Quellen: bild.de, devk.de, noz.de