Sensible Informationen und Standorte von Kunden sickerten unbemerkt durch die Cloud
Ein Datenleck bei VW hat dazu geführt, dass die Standort- und Kontaktdaten von rund 800.000 Elektroautos und ihren Besitzern ungeschützt im Netz zugänglich waren. Terabytes an sensiblen Informationen waren über Monate über die Amazon Cloud für jedermann einsehbar. Die kompromittierten Daten sind besonders sensibel, weil damit Bewegungsprofile erstellt werden können. Betroffen sind unter anderem Politiker, Geschäftsleute und Polizisten, die meisten Daten stammen wohl aus den Modellen ID.3 und ID.4.
VW vor dem nächsten Skandal
Die deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise. Hohe Kosten, ein schwieriges Verhältnis zur Elektromobilität sowie drohende Zölle der neuen US-Administration unter Donald Trump machen der Branche zu schaffen.
Doch damit nicht genug: Beim VW-Konzern steht bereits der nächste Skandal ins Haus. Ein mehrere Terabyte großer Datenpool zu rund 800.000 E-Autos war monatelang größtenteils ungesichert in einem Cloud-Speicher von Amazon zugänglich – und mit ihm die Standort- sowie Kontaktdaten der Kunden.
ID.3 einer grünen Bürgermeisterin sendet Positionsdaten
Unter denen sich auch die Grünen-Politikerin Nadja Weippert befand. Erst im September hatte sie ihren neuen ID.3 in Betrieb genommen und dafür die Volkswagen-App installiert. Über die Software können einige Zusatzfunktionen wie Vorheizen oder das Ablesen des Ladezustands der Batterie genutzt werden.
Ironischerweise ist Weippert auch Sprecherin für Datenschutz ihrer Fraktion im niedersächsischen Landtag sowie Bürgermeisterin des Ortes Tostedt. Wie sich aus den geleakten Daten einsehen lässt, sendete die App nach der Einrichtung regelmäßig Standorte an VW – jedes Mal, wenn sie den Motor abstellte.
Hieraus lässt sich mit Leichtigkeit ein Bewegungsprofil erstellen, in dem der Landtag Hannover, Arztpraxen und Sportvereine, das heißt der gesamte Lebensalltag der Politikerin gespeichert ist.
Kosename von CDU-Bundestagsabgeordnetem enthüllt
Ein ähnliches Datenschutz-Fiasko ereignete sich bei dem CDU-Bundestagsabgeordneten Markus Grübel aus Esslingen am Neckar. Er hatte in seinen Daten den Spitznamen „Kussi“ hinterlegt.
Sein Fahrzeug stand den durchgesickerten Daten zufolge gelegentlich vor dem Pflegeheim, in dem sein Vater lebt, sowie vor einer Kaserne – Grübel ist Mitglied im Verteidigungsausschuss und war bis 2018 Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Auch ein Kurzurlaub im Allgäu lässt sich anhand seiner Fahrzeugdaten rekonstruieren.
300.000 betroffene Stromer in Deutschland
All diese Daten hätten besser geschützt werden müssen. Von den 800.000 betroffenen VWs, Seats, Audis und Skodas aus unterschiedlichsten Ländern Europas und der Welt sollen 300.000 in Deutschland zugelassen sein.
Die IT-Panne gilt als besonders gravierend, da sich die Fahrzeugdaten auch mit den Kontaktdaten ihrer Fahrer, Halter und Fuhrparkmanager verknüpfen lassen. Grund für das Leck soll ein Fehler der VW-Tochter Cariad im vergangenen Sommer sein, der über lange Zeit nicht bemerkt worden war.
Erst durch einen anonymen Hinweisgeber wurden sowohl der Spiegel als auch der Chaos Computer Club auf die Schwachstelle aufmerksam. Daraufhin stellten die Politiker Weippert und Grübel den Hacktivisten die Datensätze ihrer Fahrzeuge für weitere Untersuchungen zur Verfügung.
Betroffene Politiker fordern mehr Cybersicherheit im Auto
„Ich bin geschockt“, so Weippert gegenüber dem Spiegel. Für sie als Politikerin, die sich regelmäßig Drohungen und Anfeindungen ausgesetzt sieht, ist das Schlupfloch besonders bedenklich.
„Es kann nicht sein, dass meine Daten unverschlüsselt in der Amazon-Cloud gespeichert und dann nicht mal ausreichend geschützt werden. Ich erwarte, dass VW das abstellt, insgesamt weniger Daten erhebt und diese auf jeden Fall anonymisiert.“
Auch Markus Grübel hält die Datenpanne für „ärgerlich und peinlich“. Die Hersteller müssten in puncto Cybersicherheit noch eine Schippe drauflegen, „besonders mit Blick aufs autonome Fahren“.
Den meisten ist nicht klar, wie gläsern ihr Auto ist
Spiegel.de zufolge sind neben Weippert und Grübel auch weitere Politiker, Unternehmenschefs, die Hamburger Polizei sowie mutmaßliche Geheimdienstmitarbeiter betroffen. Den meisten war wohl nicht klar, wie transparent sie in ihren digitalisierten Fahrzeugen sind.
Bei etwa der Hälfte, darunter Fahrer von VW-Modellen wie ID.3 und ID.4, sind die Daten besonders präzise und zeigen, wann und wo das Auto gestartet und abgestellt wurde. Die meisten Daten stammen aus 2024, einige reichen weiter zurück.
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Quelle: spiegel.de