Anzahl der Rückgaben um knapp 8 Prozent gestiegen
In Nordrhein-Westfalen geben immer mehr ältere Menschen freiwillig ihren Führerschein ab. Dies fällt ihnen wegen des besser ausgebauten ÖPNV in Großstädten leichter als auf dem Land. Sozialverbände erwarten, dass sich dieser Trend aufgrund der demografischen Entwicklung fortsetzen wird und fordern den Ausbau von Alternativen. In der EU wird derweil über die Einführung von Fahrtauglichkeitsprüfungen diskutiert, die in Berlin und Düsseldorf auf Ablehnung stoßen.
5.570 Führerscheinrückgaben in NRW
Eine Erhebung der Rheinischen Post bei den lokalen Behörden hat ergeben: Im vergangenen Jahr haben mehr als 5.570 Bürger in Nordrhein-Westfalen ihren Führerschein freiwillig abgegeben. Das sind 14 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren, als die Straßenverkehrsämter 4890 Rückgaben registrierten. Der Anteil der Senioren liegt hier bei 53,7 Prozent. Rund fünf Jahre zuvor waren es noch 46 Prozent.
Für die Umfrage hatte die Rheinische Post bei den Behörden der kreisfreien Städte und Landkreise in NRW nachgefragt. Von rund 70 Prozent der Verkehrsämter erhielten sie eine Antwort.
Sozialverbände: „Folgen der demografischen Entwicklung stärker spürbar“
Nach Ansicht von Horst Vöge, Landesvorsitzender des Sozialverbands VdK in NRW, wird sich diese Entwicklung in Zukunft fortsetzen: „In den kommenden Jahren werden wir die Folgen der demografischen Entwicklung deutlich stärker zu spüren bekommen“. Da die Gesellschaft insgesamt immer älter wird, rechnet Vöge mit stetig steigenden Zahlen bei der Rückgabe des Führerscheins durch Senioren.
Er fordert deshalb einen Ausbau des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs. In Großstädten wie Köln, Dortmund oder Düsseldorf sei es einfacher, auf den ÖPNV auszuweichen als in ländlichen Regionen. Das Angebot sei dort wesentlich kleiner und die Preise höher. „Deshalb sind die Senioren dort auch zurückhaltender."
Umstieg auf Bus oder Bahn auf dem Land schwieriger
Das zeigen auch die Ergebnisse der Umfragen der Rheinischen Post: Auf dem Land geben deutlich weniger Senioren ihren Führerschein ab als in der Großstadt. Das habe aber auch mit dem Schaffen von Anreizen oder gezielten Angeboten zu tun. In Bonn etwa erhalten Ältere im Tausch für die freiwillige Abgabe ihres Führerscheins ein sechs Monate gültiges Nahverkehrs-Ticket. Davon machten im letzten Jahr 169 Autofahrer über 60 Jahre Gebrauch. In Leverkusen, wo es eine vergleichbare Tauschaktion gibt, sollen 474 der 484 abgegebenen Führerscheine von Ex-Autofahrern über 75 Jahren stammen.
Rentner verunfallen seltener, sind aber häufiger Hauptverursacher
Über 65-Jährige verunglücken seltener, weil sie nicht mehr täglich zur Arbeit fahren müssen. Sind sie dennoch an einem Unfall beteiligt, tragen sie laut Statistischem Bundesamt aber in zwei Dritteln der Fälle die Hauptschuld. Bei den über 75-Jährigen waren es im vergangenen Jahr sogar 76 Prozent. Wohl auch aufgrund solcher Zahlen werden in Brüssel derzeit verbindliche Fahrtauglichkeitschecks für Senioren diskutiert.
EU-Kommission schlägt Fahrtauglichkeitstests vor, Berlin ist dagegen
Ein aktueller Entwurf sieht laut ADAC sogar einen generellen Gesundheitscheck für alle Führerscheinbesitzer vor, nicht nur für Senioren. Automobilverbände stehen diesem Vorhaben eher skeptisch gegenüber. Eine solche Maßnahme sei nicht verhältnismäßig.
Vielmehr sollten sich Autofahrer stattdessen regelmäßig freiwillig von medizinischem Fachpersonal durchchecken lassen. Zudem liege es auch in der Eigenverantwortung der Autofahrer, die eigene Fahrweise kritisch zu reflektieren. Das sei bei älteren Menschen bereits öfter der Fall: „Sie nutzen überwiegend bekannte Strecken, vermeiden die Rushhour und Fahrten bei unsicheren Bedingungen. So sind Untersuchungen zufolge nur noch weniger als fünf Prozent der Senioren in der Dunkelheit unterwegs.“, erklärt ein Sprecher des ADAC.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing sowie das NRW-Verkehrsministerium teilen die Kritik des ADAC. Sie sind gegen Fahrtauglichkeitschecks oder ein Verkürzen der Führerschein-Erneuerung ab dem 70. Lebensjahr, durch das ärztliche Kontrollen oder Auffrischungskurse zur Pflicht gemacht werden könnten.
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Quellen: rp-online.de, adac.de