Wenn Ampeln weniger Köpfchen haben, als Politiker vorgeben
Künstliche Intelligenz im Straßenverkehr verspricht viele Vorteile und klingt fortschrittlich. Doch anstatt den Verkehrsfluss und die Sicherheit zu erhöhen, haben „smarte“ Ampelanlagen im bayerischen Essenbach und in Hamm für Chaos und Ernüchterung gesorgt. Autofahrer sind von der „KI“-Verschlimmbesserung genervt. Und trauen der Politik nur noch wenig Innovationskraft zu.
Große „KI“-Versprechungen
Was wurde die „Ampel der Zukunft“ nicht über den Klee gelobt. Erst im Frühjahr hatte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter versprochen, mit der neuen 100.000-Euro-Anlage würde der Verkehr im Freistaat effizienter und sicherer werden, weil sie von selbst dazulernen kann.
Das mit Kameras und Sensoren ausgestattete System sollte mittels Kollisionswarner Unfälle verhüten und Einsatzkräften stets freie Fahrt ermöglichen. Durch maschinelles Lernen würde sich die „KI-Ampel“ sogar aneignen, ältere Menschen oder Rollstuhlfahrer zu identifizieren, um ihnen eine längere Grünphase zu ermöglichen.
„Wenn diese Ampel wirklich intelligent ist, dann bin ich ein Genie“
Doch die Desillusionierung ließ nicht lange auf sich warten. Die Beschwerden häuften sich bei Bürgermeister Dieter Neubauer (CSU). Der Ruf der Lichtzeichenanlage ist mittlerweile ramponiert: „Wenn diese Ampel wirklich intelligent ist, dann bin ich ein Genie“, so der Tenor vieler Anwohner.
Entnervte Autofahrer fragten sich, warum sie in den Seitenstraßen oft deutlich länger auf das Grünlicht warten mussten, während auf der Hauptstraße weder Fahrzeuge noch Fußgänger zu sehen waren. Zudem war es vielen Essenbachern unverständlich, weshalb kurze Warteschlangen gegenüber langen benachteiligt wurden und seltener grünes Licht erhielten. Viele Ortsansässige suchen daher mittlerweile alternative Routen und umfahren die Kreuzung über den Parkplatz eines nahegelegenen Supermarktes.
In Hamm musste sogar die Polizei anrücken
Der umstrittene „KI“-Modellversuch ist kein Einzelfall. Auch im nordrhein-westfälischen Hamm wurde eine solche „Ampel mit Köpfchen“ getestet. Hier blieb es aber nicht nur bei genervten Verkehrsteilnehmern. Die Polizei musste sogar zwecks Stauauflösung anrücken, weil die „KI-Ampel“ trotz fehlendem Fußgängerverkehr dauerhaft auf Rot stand.
Fehlfunktion oder Zielkonflikt?
Dass neue Technologien nicht sofort fehlerfrei funktionieren, klingt einleuchtend. Allerdings wird bei der „smarten Ampel“ auch ein Problem des maschinellen Lernens deutlich. Offenbar reproduziert die Künstliche Intelligenz Konflikte und Widersprüche, bei denen sich schon der Mensch nicht einigen kann.
In Essenbach etwa „war das System gar nicht darauf angelegt, den Verkehrsfluss zu optimieren“, erklärt Stephan Stroh, Chef der Zentralstelle Verkehrsmanagement (ZVM) der Landesbaudirektion Bayern. „Es soll vor allem die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern gewährleisten.“
Dass Autofahrer dann auch länger warten müssen, wurde von der Politik nicht ausreichend kommuniziert. Erst nachdem man die Funktionsweise der „KI-Ampel“ in Essenbach besser verstand, wurden die Beschwerden laut CSU-Bürgermeister Neubauer weniger.
Und auch in Hamm müssen Autofahrer laut Stadtsprecher Tom Herberg nicht mehr unter unerklärlichem Dauer-Rot leiden: „Die KI-Ampel war zunächst sehr zugunsten der Fußgänger eingestellt, motorisierter Verkehr musste deshalb längere Wartezeiten verkraften.“
Kann die Politik noch Innovation?
Eine der Lehren aus Essenbach und Hamm lautet: Die Performance von KI-gestützten Systemen ist Einstellungssache. Und um eine KI zu justieren, braucht es immer noch Menschen. Schließlich muss jemand entscheiden, ob der Verkehrsfluss oder die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer bei der Konfiguration der Lichtzeichenanlagen im Vordergrund stehen sollen.
Das Pilotprojekt zeigt aber auch Defizite der Politik bei der Kommunikation der neuen Technologien auf. Anstatt die „smarte Ampel“ als Straßenverkehrswunder zu präsentieren, hätte man ihre Funktionsweise und Grenzen den Bürgern besser erklären müssen.
Andernfalls droht das Vertrauen in die Innovationskraft von Staat und Politik weiter zu leiden. „Das Vertrauen in die Regierung, dass sie Innovation verwalten kann, ist rar“, sagt Christiane Schulz von Edelman. Laut einer Umfrage der PR-Agentur sind sechs von zehn Befragten der Ansicht, der Regierung fehle das Verständnis für neue Technologien, um sie angemessen zu regulieren. 49 Prozent halten Innovationen für schlecht gemanagt.
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Quelle: welt.de