• Lesedauer:4 min Lesezeit

Wenn Ampeln weniger Köpfchen haben, als Politiker vorgeben

Künst­liche Intel­ligenz im Straßen­verkehr verspricht viele Vorteile und klingt fortschrittlich. Doch anstatt den Verkehrs­fluss und die Sicherheit zu erhöhen, haben „smarte“ Ampel­an­lagen im bayeri­schen Essenbach und in Hamm für Chaos und Ernüch­terung gesorgt. Autofahrer sind von der „KI“-Verschlimmbesserung genervt. Und trauen der Politik nur noch wenig Innova­ti­ons­kraft zu.

„KI-Ampel“: Verschlimmbesserung oder Straßenverkehr der Zukunft?
bigshot01 / shutterstock.com

Große „KI“-Versprechungen

Was wurde die „Ampel der Zukunft“ nicht über den Klee gelobt. Erst im Frühjahr hatte Bayerns Verkehrs­mi­nister Christian Bernreiter versprochen, mit der neuen 100.000-Euro-Anlage würde der Verkehr im Freistaat effizi­enter und sicherer werden, weil sie von selbst dazulernen kann.

Das mit Kameras und Sensoren ausge­stattete System sollte mittels Kolli­si­ons­warner Unfälle verhüten und Einsatz­kräften stets freie Fahrt ermög­lichen. Durch maschi­nelles Lernen würde sich die „KI-Ampel“ sogar aneignen, ältere Menschen oder Rollstuhl­fahrer zu identi­fi­zieren, um ihnen eine längere Grünphase zu ermöglichen.

„Wenn diese Ampel wirklich intel­ligent ist, dann bin ich ein Genie“

Doch die Desil­lu­sio­nierung ließ nicht lange auf sich warten. Die Beschwerden häuften sich bei Bürger­meister Dieter Neubauer (CSU). Der Ruf der Licht­zei­chen­anlage ist mittler­weile rampo­niert: „Wenn diese Ampel wirklich intel­ligent ist, dann bin ich ein Genie“, so der Tenor vieler Anwohner.

Entnervte Autofahrer fragten sich, warum sie in den Seiten­straßen oft deutlich länger auf das Grünlicht warten mussten, während auf der Haupt­straße weder Fahrzeuge noch Fußgänger zu sehen waren. Zudem war es vielen Essen­ba­chern unver­ständlich, weshalb kurze Warte­schlangen gegenüber langen benach­teiligt wurden und seltener grünes Licht erhielten. Viele Ortsan­sässige suchen daher mittler­weile alter­native Routen und umfahren die Kreuzung über den Parkplatz eines nahege­le­genen Supermarktes.

In Hamm musste sogar die Polizei anrücken

Der umstrittene „KI“-Modellversuch ist kein Einzelfall. Auch im nordrhein-westfälischen Hamm wurde eine solche „Ampel mit Köpfchen“ getestet. Hier blieb es aber nicht nur bei genervten Verkehrs­teil­nehmern. Die Polizei musste sogar zwecks Stauauf­lösung anrücken, weil die „KI-Ampel“ trotz fehlendem Fußgän­ger­verkehr dauerhaft auf Rot stand.

Fehlfunktion oder Zielkonflikt?

Dass neue Techno­logien nicht sofort fehlerfrei funktio­nieren, klingt einleuchtend. Aller­dings wird bei der „smarten Ampel“ auch ein Problem des maschi­nellen Lernens deutlich. Offenbar repro­du­ziert die Künst­liche Intel­ligenz Konflikte und Wider­sprüche, bei denen sich schon der Mensch nicht einigen kann.

In Essenbach etwa „war das System gar nicht darauf angelegt, den Verkehrs­fluss zu optimieren“, erklärt Stephan Stroh, Chef der Zentral­stelle Verkehrs­ma­nagement (ZVM) der Landes­bau­di­rektion Bayern. „Es soll vor allem die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern gewährleisten.“

Dass Autofahrer dann auch länger warten müssen, wurde von der Politik nicht ausrei­chend kommu­ni­ziert. Erst nachdem man die Funkti­ons­weise der „KI-Ampel“ in Essenbach besser verstand, wurden die Beschwerden laut CSU-Bürgermeister Neubauer weniger.

Und auch in Hamm müssen Autofahrer laut Stadt­sprecher Tom Herberg nicht mehr unter unerklär­lichem Dauer-Rot leiden: „Die KI-Ampel war zunächst sehr zugunsten der Fußgänger einge­stellt, motori­sierter Verkehr musste deshalb längere Warte­zeiten verkraften.“

Kann die Politik noch Innovation?

Eine der Lehren aus Essenbach und Hamm lautet: Die Perfor­mance von KI-gestützten Systemen ist Einstel­lungs­sache. Und um eine KI zu justieren, braucht es immer noch Menschen. Schließlich muss jemand entscheiden, ob der Verkehrs­fluss oder die Sicherheit der Verkehrs­teil­nehmer bei der Konfi­gu­ration der Licht­zei­chen­an­lagen im Vorder­grund stehen sollen.

Das Pilot­projekt zeigt aber auch Defizite der Politik bei der Kommu­ni­kation der neuen Techno­logien auf. Anstatt die „smarte Ampel“ als Straßen­ver­kehrs­wunder zu präsen­tieren, hätte man ihre Funkti­ons­weise und Grenzen den Bürgern besser erklären müssen.

Andern­falls droht das Vertrauen in die Innova­ti­ons­kraft von Staat und Politik weiter zu leiden. „Das Vertrauen in die Regierung, dass sie Innovation verwalten kann, ist rar“, sagt Chris­tiane Schulz von Edelman. Laut einer Umfrage der PR-Agentur sind sechs von zehn Befragten der Ansicht, der Regierung fehle das Verständnis für neue Techno­logien, um sie angemessen zu regulieren. 49 Prozent halten Innova­tionen für schlecht gemanagt.

Bußgeld­vor­würfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen

Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwalts­kanz­leien zusammen und ermög­licht es Betrof­fenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.

Rechts­schutz­ver­si­che­rungen übernehmen die Kosten eines vollstän­digen Leistungs­spek­trums unserer Partner­kanz­leien. Ohne eine vorhandene Rechts­schutz­ver­si­cherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozess­fi­nan­zierer die Kosten der Prüfung der Bußgeld­vor­würfe und auch die Selbst­be­tei­ligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden einge­stellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.

Quelle: welt.de