Für Geschwindigkeitsbegrenzungen brauche es eine Gefahrenlage
Zahlreiche Straßen in Mönchengladbach sind in den vergangenen zwei Jahren zu Straßen mit Tempo 30 erklärt worden. Für Anwohner Christoph Schmitz ein Unding. Er hält die Einführung der Tempolimits für willkürlich und kritisiert, dass die Fahrgeschwindigkeit nur bei einer realen Gefahrenlage begrenzt werden dürfe. Das sieht der Mobilitätsausschuss der Stadt am Niederrhein anders und verweist auf eine EU-Lärmschutzrichtlinie. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Münster in der Sache steht noch aus.
Anwohner Schmitz: „Verkehrsfluss wird behindert“
Anwohner Christoph Schmitz sind die Tempo-30-Straßen wie am Schürenweg in Gladbach ein Dorn im Auge. Kaum einer der vorbeifahrenden Autofahrer halte sich an die Vorgabe. Außerdem sei eine so niedrige Geschwindigkeit auf einer gut ausgebauten Straße überflüssig. In einigen Nebenstraßen, vor allem an Schulen, könne Tempo 30 zwar durchaus sinnvoll sein. „Aber auf den Hauptstraßen wird so vor allem der Verkehrsfluss behindert“, so der Gladbacher. Daher geht er rechtlich gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung vor.
Zahlreiche neue Tempo-30-Straßen in Mönchengladbach
Hintergrund der zunehmenden Einrichtung von Straßen mit Tempo 30 ist ein Beschluss des Mobilitätsausschusses der Stadt. Im Jahr 2021 hatte er sich mit den vier Bezirksvertretungen darauf verständigt, 37 neue Tempo-30-Straßen in der Stadt zu schaffen. Diese wurden seitdem Schritt für Schritt in Absprache mit der Polizei umgesetzt.
Die Umwandlung vieler Straßen in tempoärmere Geschwindigkeitsbereiche sollte nach Angaben der Stadt „dem Schutz der Wohnbevölkerung sowie der Fußgänger und Fahrradfahrer dienen.“ Aber auch der sogenannte Lärmaktionsplan in Mönchengladbach wurde als Begründung für die restriktivere Verkehrspolitik herangezogen. Dieser basiert auf Richtlinien der Europäischen Union, nach der Großstädte alle fünf Jahre eine Lärmkarte erstellen und Maßnahmen zur Lärmminderung auf den Weg bringen müssen.
Einschränkungen nur bei Gefahrenlage rechtens?
Aus Sicht der Stadt habe man mit der Umsetzung der EU-Richtlinien, die rechtlich bindend sein sollen, alles richtig gemacht. Vor allem der Aspekt des Anwohnerschutzes sei verpflichtend und daher in Bundesrecht überführt worden.
Das sieht Christoph Schmitz fundamental anders: „Nach der Straßenverkehrsordnung darf der fließende Verkehr nur eingeschränkt werden, wenn wegen besonderer örtlicher Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht. Sie kann nicht einfach mit dem Lärmaktionsplan argumentieren. Das wurde auch gerichtlich so festgestellt“, erklärte er der Rheinischen Post.
Lärmaktionsplan als Rechtsgrundlage strittig
Schmitz‘ Argumentation stützt sich im Wesentlichen auf ein Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2022 (Aktenzeichen 6 L 1011/22). Das Gericht erklärte die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h an einer Ortsdurchfahrt in Büderich für rechtswidrig.
Der Meerbuscher Stadtrat hatte die Begrenzung ebenfalls in ihrem Lärmaktionsplan vorgesehen, musste sie jedoch zurücknehmen. Im betreffenden Fall seien die Grenzwerte nur vereinzelt überschritten worden. Außerdem dürfe die Höchstgeschwindigkeit bei Ortsdurchfahrten nur in Ausnahmefällen reduziert werden.
Ob der Lärmaktionsplan tatsächlich als Rechtsgrundlage ausreicht, muss nun das Oberverwaltungsgericht Münster klären. Dieses hatte nach einer Beschwerde der Stadt Meerbusch das vorinstanzliche Urteil aufgehoben. Der Ausgang des Verfahrens ist noch offen.
Stadt Mönchengladbach lehnt Rücknahme des Tempo 30 ab
Der Stadtrat hat Schmitz' Antrag auf Aufhebung der Tempo-30-Begrenzung abgelehnt. Eine Messung der Lärmbelastung habe ergeben, dass der Grenzwert vor allem nachts an nahezu allen Gebäuden entlang des Schürenwegs und der Bergstraße überschritten werde: „Entgegen vieler Annahmen hat eine niedrigere Regelgeschwindigkeit keine signifikanten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Verkehrsnetzes.“
Schmitz will weiterkämpfen
Der Anwohner aus Gladbach will sich dennoch nicht beirren lassen und ist überzeugt, dass die Tempo 30 am Schürenweg zurückgenommen wird. Das könne höchstens in der Nacht Sinn ergeben, aber nicht im Berufsverkehr. Sollte er Recht bekommen, gehe er davon aus, dass auch weitere der 37 neu eingeführten 30er-Bereiche infrage gestellt werden könnten. Die Notwendigkeit einer Geschwindigkeitsbegrenzung müsse im Einzelfall nachgewiesen werden.
Quelle: rp-online.de