Tobias Herbert aus Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern kann aufatmen: der 41-jährige Kraftfahrer, dem infolge eines Vorfalls im Juli bei einer Protestaktion der "Letzten Generation" der Führerschein entzogen wurde, darf wieder fahren. Dies bestätigte ein Urteil des Amtsgerichts Stralsund am vergangenen Dienstag. Das Gericht konnte nicht ausreichend belegen, dass der Kraftfahrer einen Aktivisten vorsätzlich anfuhr.
Am 12. Juli dieses Jahres soll Herbert aggressiv auf eine Blockade der Klima-Aktivisten nahe des Grünhufer Bogens in Stralsund reagiert haben. Mit seinem 9,5-Tonner habe er einen der Aktivisten - nach eigenen Angaben ohne Absicht - vor sich hergeschoben, nachdem sich dieser erneut vor seinem Fahrerhaus positioniert hatte. Zuvor soll er zudem versucht haben, die Protestierenden gewaltvoll von der Straße zu entfernen. Ein Video des Vorfalls ging in den sozialen Medien viral.
Staatsanwaltschaft forderte höhere Geldstrafe
In der Folge erhielt Herbert, nachdem er sich selbst bei der Polizei gemeldet hatte, einen Strafbefehl des Amtsgerichts Stralsund, demzufolge er 5.400 Euro Strafe (90 Tagessätze) zahlen sowie seinen bereits seit einem halben Jahr eingezogenen Führerschein für ein Jahr abgeben sollte. Ihm wurden Körperverletzung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sowie Nötigung vorgeworfen.
Erfolgreich Einspruch eingelegt
Diesen Strafbefehl wollte Herbert nicht hinnehmen und legte mit seinem Anwalt erfolgreich Einspruch ein. Zwar blieb das Urteil wegen Nötigung bestehen - die Geldstrafe wurde jedoch auf 1.800 Euro reduziert. Auch die Führerscheinsperre wurde letztlich auf vier Monate festgesetzt, die bereits abgegolten sind. Somit ist der angeklagte Kraftfahrer seit vergangenem Dienstag wieder im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. Die Gerichtsverhandlung wurde von mehreren Polizisten begleitet. Wenige Kilometer entfernt blockierten Aktivisten erneut eine Straße. Auch gegen die Klimaprotestler wird wegen des Verdachts der Nötigung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt.
Sicht auf Protestierenden laut Gericht ausschlaggebend
Im Mittelpunkt der Verhandlung stand auch die Frage, ob der Kraftfahrer den Demonstranten von seiner Fahrerkabine aus sehen konnte. Laut eines DEKRA-Gutachters, der an der Gerichtsverhandlung teilnahm, könne der Fahrer über entsprechende Spiegel die Fahrbahn visuell prüfen - ob Herbert dies in diesem Fall auch tat und somit absichtsvoll handelte, konnte nicht belegt werden. Zwar soll Herbert beim Wegfahren kurz in den Rückspiegel geschaut haben - die Dauer des Blicks (0,3 Sekunden) soll laut Bericht des Gutachters allerdings nicht ausreichend gewesen sein, um die freie Fahrt ausreichend zu prüfen.
LKW-Fahrer laut eigenen Angaben unter Druck
Laut eigener Aussage gegenüber der BILD befand sich Herbert in einer Situation großen Stresses, da er dringliche medizinische Lieferungen an Ärzte ausliefern sowie im Anschluss noch Lagerarbeiten umsetzen musste. Er will nicht bemerkt haben, dass sich einer der Klimaprotestler erneut vor seinem LKW zum Blockieren positionierte. Im Rahmen der Verhandlung entschuldigte er sich für seine Tat und bezeichnete den Tag des Vorfalls als "bisher schlimmsten Tag in meinem Leben".
Kritik, aber auch Solidarität
In sozialen Medien wurde der Fall kontrovers diskutiert, wobei auch zu Solidarität für den Kraftfahrer aufgerufen wurde. So soll er nach Bekanntwerden seiner Kündigung bei seinem ursprünglichen Arbeitgeber Jobangebote anderer, sich solidarisierender Unternehmen erhalten haben. Auch die Kleinstpartei "Bürger für Stralsund" startete neben der Tageszeitung "Junge Freiheit" eine Spendenaktion für Herbert.
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