Bundesregierung plant, die Verkehrspolitik vom Kopf auf den Fuß zu stellen
„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“, soll Goethe einmal gesagt haben – zu einer Zeit, in der es noch kein Auto gab. Die „nationale Fußverkehrsstrategie“ der Ampel will den Fußgänger auch heute wieder so groß machen wie früher. Wie das gehen soll, ohne Autofahrer und Haushalt zu belasten, bleibt aber im Dunkeln.
Ampel entwirft „Nationale Fußverkehrsstrategie“
Es ist wieder mal Zeit für einen „Paradigmenwechsel in der deutschen Verkehrspolitik.“ Die Bundesregierung will Fußgänger in Deutschland stärker fördern und mehr Anreize fürs Zufußgehen schaffen. Das geht laut zeit.de aus einem Entwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) für eine "nationale Fußverkehrsstrategie" hervor, der sich zurzeit in der Ressortabstimmung befindet.
Die Öffentlichkeit habe der grundlegendsten aller Fortbewegungsarten zu lange zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei liegen die Vorteile laut Ampelregierung auf der Hand: mehr Gesundheit und Lebensqualität sowie weniger Schadstoffausstoß. Das Fortbewegen mit den eigenen Beinen soll zu einem „gleichberechtigten Verkehrsmodus“ werden.
Mehr Fußverkehr zum Schutze aller
In Deutschland werden derzeit 22 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt. Nach dem Willen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) soll dieser Anteil bis 2030 deutlich steigen.
Um dieses Ziel zu erreichen, will die Bundesregierung daher mehr in Kommunikation, Bildung und schließlich auch in die PR für den Fußverkehr investieren. Oder investieren lassen. Dabei wird auch an dieser Stelle von „Klimafreundlichkeit“ und den „Klimaschutzzielen“ oder dem „Schutz vulnerabler Gruppen“ gesprochen.
Die Argumente für das Zufußgehen klingen vertraut und könnten auch als Plädoyer für das Stehenlassen des Autos verstanden werden. Gesundheits-, Klima- und Kinderschutz werden auch regelmäßig angeführt, wenn es darum geht, den Verkehr für Autofahrer einzuschränken.
Nicht nur Fußgänger sind „vulnerabel“
Die gesundheitlichen Vorteile der manuellen Fortbewegung liegen zwar auf der Hand beziehungsweise auf dem Fuß, dennoch ist eine gewisse Skepsis gegenüber den „Paradigmenwechseln“ der Ampel für viele schon zur Gewohnheit geworden.
Denn wer täglich unter realen Bedingungen am Straßenverkehr teilnimmt, weiß, dass man diesen nicht einfach nach Gutdünken verändern kann. Das sieht man auch bei den „vulnerablen Gruppen.“ In Deutschland gibt es 7,8 Millionen Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung. Nicht wenige werden auf das Automobil, seine Förderung und spezielle Umbauten angewiesen sein.
Viele Senioren oder Menschen mit Pflegebedürftigkeit in Deutschland werden privat in der Familie gepflegt und zählen ebenfalls darauf, dass das Auto für die sich kümmernden Verwandten bezahlbar und praktikabel bleibt.
Anreize für die Privatwirtschaft, Bund versus Länder
Vage bleibt auch, wie das neue Verkehrsprojekt finanziert werden soll. Die Bundesregierung will gemeinsam mit der Privatwirtschaft den „Standortfaktor“ Fußverkehr fördern und ruft die Unternehmen in Deutschland zu einem „Bündnis“ auf. Das ist aber auch kein Wunder: Die Ampel hat nach wie vor mit einem nicht gestopften Milliardenloch im Haushalt zu kämpfen.
Da überrascht es nicht, dass der Entwurf den Ländern die größere finanzielle Verantwortung für das Fußgänger-Projekt aufdrücken will. Nur in Einzelfällen käme „eine Finanzierung durch den Bund auf der Grundlage ungeschriebener Finanzierungskompetenzen in Betracht.“ Im Entwurf sind damit auch künftige Konflikte zwischen Bund und Ländern angelegt.
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Quelle: zeit.de