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Das gilt laut einem aktuellen Urteil des Oberlan­des­ge­richts Köln aber nicht immer

Immer wieder müssen sich Gerichte mit schweren Verkehrs­un­fällen ausein­an­der­setzen, weil Versi­che­rungen nicht in vollem Umfang für Schäden haften wollen. Das zeigt auch ein aktueller Fall vor dem OLG Köln. Obwohl der Unfall­ver­ur­sacher zweifelsfrei ermittelt werden konnte, sollte eine nicht angeschnallte Mitfah­rerin der Geschä­digten auf dem Rücksitz für die Verlet­zungen einer anderen Mitfah­rerin auf dem Beifah­rersitz haften. Das OLG entschied: Eine solche Mithaftung ist nur unter bestimmten Voraus­set­zungen rechtens.

Anschnallpflicht Mithaftung
Crabobot / shutterstock.com

Der Fall: 1,76 Promille und 160 km/h

Der dem Rechts­streit zugrunde liegende, schwere Verkehrs­unfall hatte sich im September 2018 ereignet. Mit knapp 1,8 Promille Blutal­ko­hol­kon­zen­tration und einer deutlich überhöhten Geschwin­digkeit zwischen 150 und 160 km/h kam ein Pkw-Fahrer von der Fahrbahn ab und raste in das Fahrzeug der entge­gen­kom­menden Geschä­digten, auf dessen Beifah­rersitz sich eine weitere unange­schnallte Insassin befand. Erlaubt sind auf der betref­fenden Bundes­straße 560 nahe Bonn 70 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Der Verur­sacher verstarb noch am Unfallort. Die Insas­sinnen erlitten schwere Verlet­zungen. Wer in welchem Umfang für diese Verlet­zungen haftet, wurde vor Gericht verhandelt. Denn die Haftpflicht des Verur­sa­chers argumen­tierte, dass die nicht angeschnallte Insassin auf dem Rücksitz eine Mitschuld für die Verlet­zungen der Beifah­rerin trage.

Für die Verlet­zungen der Beifah­rerin wollte die Versi­cherung daher nur zu 30 Prozent aufkommen, die restlichen 70 Prozent sollte die nicht gesicherte Insassin auf der Rückbank tragen. Dazu wurde ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten eingeholt. Die Haftpflicht wollte damit nachweisen, dass die Knie der Frau auf dem Rücksitz während des Unfalls tatsächlich zu den Verlet­zungen der Beifah­rerin führten.

Verletzung der Anschnall­pflicht kann zur Mitschuld führen

Doch weder das Landge­richt (LG) Bonn, noch das OLG Köln ließen sich auf die Argumen­tation der Kfz-Haftpflicht des Unfall­schul­digen ein. Eine Zahlungs- und Feststel­lungs­klage hatte das Landge­richt bereits im Juli 2023 abgewiesen (Az. 1 O 254/22). Jetzt hat auch das OLG die Berufung dagegen für nichtig erklärt und somit auch die Mithaftung der hinteren Insassin.

Grund­sätzlich bestätigt das OLG, dass die Anschnall­pflicht nach Paragraf 21a Absatz 1 der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) als sogenannte „dritt­schüt­zende Norm“ dazu dient, alle Fahrzeug­insassen vor Verlet­zungen durch unange­schnallte Mitfahrer zu bewahren.

Auch der Bundes­ge­richtshof hatte in der Vergan­genheit dahin­gehend geurteilt (VI ZR 10/11), dass Sicher­heits­gurte während der Fahrt prinzi­piell angelegt sein müssen und ein Verstoß gegen diese Anschnall­pflicht zu einer Mitschuld führen kann. Sie gilt auch für die Verlet­zungen anderer Mitfahrer.

Es kommt aber auf den Einzelfall an

Im vorlie­genden Falle des verstor­benen Unfall­ver­ur­sa­chers bewerte das OLG Köln die Schil­de­rungen des Sachver­stän­di­gen­gut­achtens zum Verlet­zungs­hergang als nicht bewiesen. Zudem war das Verhalten des Verur­sa­chers in einem solchen Maße „straf­würdig, grob verkehrs­widrig und rücksichtslos“, dass eine mögliche Mithaftung der unange­schnallten Mitfah­rerin zweit­rangig sei.

Das Urteil ist noch nicht rechts­kräftig und der Kfz-Haftpflicht bleibt noch die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde.

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Quellen: lto.de, rechtundpolitik.com, dejure.org