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Kann man für zu langsames Fahren belangt werden?

Raser sind das eine Problem – doch andere bremsen den Verkehr aus. Wer die Geschwin­digkeit überschreitet, wird in der Regel bestraft. Aber gilt das auch für Verkehrs­teil­nehmer, die aufgrund ihrer Geschwin­digkeit für andere zum Hindernis werden? Und wie sieht es mit der Haftung für Schäden aus, wenn man durch zu langsames Fahren einen Unfall verursacht?

Schleichen im Verkehr: Sind Langsamfahrer auch Verkehrssünder?
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Was sagt die StVO über eine Mindestgeschwindigkeit?

Wenn von Geschwin­dig­keits­ver­stößen die Rede ist, denken die meisten Menschen an zu schnelles Fahren. Die Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) verbietet aber auch das anlasslose Langsam­fahren. Wer schleicht, dafür keine guten Gründe hat und für andere Verkehrs­teil­nehmer zum Hindernis wird, muss mit einem Verwarngeld rechnen.

Ein gesetzlich festge­legtes Minimal­tempo für den Straßen­verkehr gibt die StVO jedoch nicht her. Aller­dings heißt es in den allge­meinen Vorschriften zur Geschwin­digkeit, Paragraf 3 Abs. 1: „Ohne triftigen Grund dürfen Kraft­fahr­zeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrs­fluss behindern.“

Der Irrtum vom Tempo 60

Der „triftige Grund“ wird hier nicht näher definiert. Im Interesse der Verkehrs­si­cherheit und unabhängig von Limits oder Unter­grenzen sind Fahrzeug­führer jedoch stets dazu verpflichtet, ihre Geschwin­digkeit den „Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetter­ver­hält­nissen sowie den persön­lichen Fähig­keiten und den Eigen­schaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“

Abgesehen davon gibt es auch Situa­tionen, in denen laut ADAC ein „triftiger Grund“ gegeben sein kann: Großraum- oder Schwer­trans­porte, langsame Oldtimer, Fahran­fänger oder Senioren dürfen demnach langsamer fahren, auch wenn sich andere dadurch behindert fühlen.

Autobahn: Mindestens 60 muss er schaffen

Wörtlich erwähnt wird ein Mindest­tempo in der StVO also nicht. Dort ist aber beispiels­weise festgelegt, dass auf Autobahnen und Kraft­fahr­straßen nur Kraft­fahr­zeuge unterwegs sein dürfen, die bauart­be­dingt schneller als 60 km/h fahren können. In Paragraf 18 Abs. 1 StVO heißt es hierzu:

„Autobahnen […] und Kraft­fahr­straßen […] dürfen nur mit Kraft­fahr­zeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchst­ge­schwin­digkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitge­führt, gilt das Gleiche auch für diese.“

Das bedeutet aber nicht, wie häufig behauptet, dass Autofahrer auf der Autobahn mindestens 60 km/h fahren müssen. Vielmehr geht es darum, die Benutzung durch Fahrräder, Mopeds, Mofas, Motor­roller oder Traktoren baulich auszuschließen.

Das blaue Schild mit weißen Zahlen

Auf einzelnen Strecken­ab­schnitten kann zudem durch Verkehrs­zeichen eine Mindest­ge­schwin­digkeit angeordnet werden. Hierfür wird das Verkehrs­zeichen 275 mit runder Form, blauem Grund und weißen Ziffern verwendet.

Es wird vor allem dort einge­setzt, wo überwiegend hohe Geschwin­dig­keiten gefahren werden und der Verkehrs­fluss durch poten­zielle Langsam­fahrer gefährdet ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn für einzelne Fahrstreifen ein Minimal­tempo festgelegt wird, um Staus oder Auffahr­un­fälle zu vermeiden.

Wird zu langsames Fahren bestraft?

Die Mindest­ge­schwin­digkeit dient im Straßen­verkehr dazu, den Verkehr in geord­neten Bahnen „flüssig“ zu halten. Langsame Verkehrs­teil­nehmer dürfen nicht zu Hinder­nissen für andere werden – zumindest nicht ohne Grund. Wer dennoch mit dem Auto schleicht, bummelt, trödelt oder auf dem Kriech­tempo beharrt, muss mit einem Verwarngeld in Höhe von 20 Euro rechnen.

Gerichts­urteil: Schleichen kann zu Mithaftung bei Unfällen führen

Zu langsames Fahren kann bei einem Unfall zudem zu einer Mithaftung von 50 Prozent bei der Schaden­re­gu­lierung durch die Versi­cherung führen. So urteilte das OLG Brandenburg (Az.: 12 U 121/15). In dem zugrunde liegenden Fall war ein Mann mit einer Geschwin­digkeit von 38 km/h auf der Autobahn unterwegs, als der Fahrer eines Lkw von hinten auffuhr.

Vor Gericht stritten sich die Parteien vor allem darüber, warum der Mann so langsam auf der Autobahn unterwegs war. Der Autofahrer behauptete, vor ihm sei plötzlich ein Klein­trans­porter einge­schert, so dass er bei einer Geschwin­digkeit von 120 km/h bremsen musste. Er gab aber auch an, nur leicht bis mäßig abgebremst zu haben.

Die Darstellung des Langsam­fahrers erschien dem OLG wenig glaubhaft. Denn wenn der Fahrer tatsächlich nur langsam abgebremst hätte, würde dies die festge­stellte und damit tatsächlich gefahrene Geschwin­digkeit von 38 km/h nicht erklären. Dazu hätte er abrupt bremsen müssen. Das Gericht sprach dem Mann eine fünfzig­pro­zentige Mitschuld an dem Unfall zu.

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Quelle: t-online.de