Kleinliche Behörde verdonnert Ladenburgerin zu 30 Euro Bußgeld
Ein Vorfall, bei dem Autofahrern die Hutschnur platzt: In Baden-Württemberg soll eine Ladenburgerin 30 Euro zahlen, da sie mit 11 km/h in einer Spielstraße geblitzt wurde. Laut der Bußgeldstelle habe sie die Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h um genau einen Kilometer pro Stunde überschritten. Aber kann man technisch gesehen überhaupt kilometergenau fahren? Und wie schnell ist eigentlich Schrittgeschwindigkeit? Tom Louven, Verkehrsexperte und Partneranwalt von Geblitzt.de, klärt auf.
Der Vorwurf: 1 km/h zu schnell
Louven zufolge soll die Behörde in diesem kuriosen Fall aus dem Ländle nach Abzug der Toleranz eine Geschwindigkeit von 11 km/h festgestellt haben. Erlaubt waren 10 km/h: „Das behauptet zumindest die zuständige Bußgeldstelle. In der Regel gilt bei bis zu 100 km/h Geschwindigkeit ein Toleranzabzug von 3 km/h. Bei Geschwindigkeiten darüber werden drei Prozent abgezogen.“ Die vorhandene Beschilderung mit den üblichen Verkehrszeichen 325.1 und 325.2 zeigte zwar einen verkehrsberuhigten Bereich an, in dem Schrittgeschwindigkeit gilt. Aber wie schnell ist das eigentlich?
Keine konkrete Definition im Verkehrsrecht
Zum Schritt-Tempo kursieren verschiedenste Auslegungen und Meinungen – im Verkehrsrecht wird dieser Begriff aber nicht konkret definiert: „Über die exakte Definition von Schrittgeschwindigkeit in Form einer Geschwindigkeitsangabe herrscht nicht immer Konsens, wie diverse Gerichtsurteile beweisen“, so Tom Louven.
Für manche bedeutet sie, dass man tatsächlich so schnell fährt, wie sich Fußgänger bewegen, das heißt, zwischen ungefähr 4 und 7 km/h. Richter haben das Schritt-Tempo in der Vergangenheit allerdings unterschiedlich definiert.
Gerichtsurteile legen unterschiedliche Geschwindigkeiten zugrunde
Das Oberlandesgericht Hamm aus NRW etwa urteilte im Jahr 2010 (Az.: I-6 U 222/09), dass es sich bei der Schrittgeschwindigkeit um ein Tempo in Höhe von 10 km/h handelt. Louven verweist aber auch auf das Amtsgericht Leipzig, das noch ein wenig mehr „aufs Gaspedal drückte“ und sogar eine Fahrt mit 15 km/h noch als Schrittgeschwindigkeit anerkannte (Az.: 215 OWi 500 Js 83213/04).
Kann man auf den Stundenkilometer genau fahren?
Jeder Autofahrer weiß um die Sensibilität so mancher Gaspedale und die Schwierigkeit, ohne entsprechende Assistenzsysteme eine haargenaue Geschwindigkeit zu halten. Aber wie präzise sind eigentlich Kfz-Tachometer?
Die Antwort: sehr ungenau! Wie Ilona Tzudnowski, Sprecherin des Automobilzulieferers VDO gegenüber focus.de erklärt, wird die Geschwindigkeit über den Radumfang und die durchschnittliche Raddrehzahl eines Fahrzeugreifen elektronisch kalkuliert. Hierzu wird im Datensatz des Fahrzeug-Kombiinstruments auch ein durchschnittlicher Wert des Radumfangs zurate gezogen.
Verschleiß macht Tachometer unpräzise und fehleranfällig
Und hier liegt das Problem: Da sich das Profil eines Reifens abnutzt, ändert sich auch sein Umfang. Somit wird der für die Berechnung zugrunde liegende Wert immer ungenauer. Tzudnowski zufolge können bereits drei Millimeter weniger Gummi am Reifen zu einer Abweichung von einem Prozent bei der elektronischen Messung führen.
Darüber hinaus gibt es laut Tzudnowski weitere Unsicherheitsfaktoren bei der Tacho-Messung: „Bei Kombiinstrumenten mit klassischen Zeigern gibt es weitere diverse Anzeigefehler- und Wahrnehmungsfehlermöglichkeiten - von Schrittmotorfehlern, fehlerhaftem Abgleich zwischen Zeigerposition und Zifferblattposition bis zu falsch bedruckten Zifferblättern oder Parallaxefehler, je nach Fahrersitzposition.“ Mit Parallaxenfehler ist eine Messabweichung gemeint, die entsteht, wenn man nicht im rechten Winkel auf Nadel und Tacho blickt.
Louven: Bußgeldbescheid wegen Schrittgeschwindigkeits-Verstoß nicht hinnehmen
Rechtsanwalt Louven rät daher dazu, einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen die Schrittgeschwindigkeit immer prüfen zu lassen: „Wenn man als Verkehrsteilnehmer wegen nicht eingehaltener Geschwindigkeit in einem verkehrsberuhigten Bereich geblitzt wird oder in eine Polizeikontrolle gerät, sollte man die Vorwürfe unbedingt anwaltlich prüfen lassen, insbesondere da es in diesem Zusammenhang keine gesetzlich geregelte Geschwindigkeit oder BGH-Rechtsprechung gibt und man insofern zu Gunsten eines Betroffenen immer vom höheren Wert ausgehen muss.“
Bußgeldvorwürfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen
Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwaltskanzleien zusammen und ermöglicht es Betroffenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten eines vollständigen Leistungsspektrums unserer Partnerkanzleien. Ohne eine vorhandene Rechtsschutzversicherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozessfinanzierer die Kosten der Prüfung der Bußgeldvorwürfe und auch die Selbstbeteiligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.