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Rechts­expertin: Unklare Geset­zeslage zu Cannabis im Verkehr

Am volks­tüm­lichen "Herrentag" ist es üblich, die Vater­schaft mit feucht­fröh­lichen Bräuchen zu ehren und zu feiern. Wer sich nach einer Boller­wa­gentour noch aufs Fahrrad setzen will, kann sich zumindest auf klare Grenz­werte zur Fahrtüch­tigkeit seitens des Gesetz­gebers verlassen: In Deutschland ist streng geregelt, wie hoch der Blutal­ko­hol­gehalt bei alkoho­li­sierten Radfahrern sein darf, bevor straf­recht­liche Konse­quenzen drohen.

Doch wie ist die Rechtslage für canna­bis­affine Väter, die noch aufs Rad steigen wollen? Etwa fünf Wochen nach der Teil-Legalisierung gibt es hier noch viele Frage­zeichen: Darf ich bekifft Rad fahren? Gibt es einen THC-Grenzwert fürs Fahrrad und wenn ja, wie hoch ist er? Wie hoch fallen die Strafen aus? Melanie Leier, Rechts­an­wältin für Verkehrs­recht und Partner­an­wältin von Geblitzt.de, dröselt die nebulöse Geset­zeslage für uns auf.

Nicht nur am Männertag: Dann darf man nicht mehr bekifft Rad fahren
Brberrys / shutterstock.com

Gibt es, ähnlich wie bei Alkohol­fahrten auf dem Rad, Grenz­werte für die Fahrun­tüch­tigkeit bei Cannabis?
„Der Gesetz­geber hat für das Führen eines Fahrrades unter Alkohol­konsum Promil­le­grenzen festgelegt. Bereits ab einer Alkoho­li­sierung von 0,3 Promille und zusätz­lichen alkohol­be­dingten Ausfall­erschei­nungen kann man als Radfahrer sanktio­niert werden. In diesen Fällen gilt man als relativ fahruntüchtig.

Ab einer Blutal­ko­hol­kon­zen­tration von 1,6 Promille ist man absolut fahrun­tüchtig. Es liegt definitiv eine Straftat, die Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB), vor. Solche starren Grenz­werte in Bezug auf die Fahrun­tüch­tigkeit sind bei dem Fahrrad­fahren unter Einfluss von Cannabis derzeit nicht vorhanden. Zu beachten ist jedoch: Wer das Rad unter Canna­bis­ein­fluss nicht mehr verkehrs­sicher führen kann, gilt als fahrun­tüchtig und macht sich strafbar. Die Feststellung der Fahrun­tüch­tigkeit ist immer einzelfallabhängig.“

Wie hoch sind die Grenzwerte?
„Derzeit gibt es bei dem Führen eines Fahrrades unter Canna­bis­ein­fluss keinen gesetzlich festge­legten Grenzwert, ab wann die Fahrun­tüch­tigkeit zwingend angenommen werden muss. Beim Führen eines Kraft­fahr­zeuges hat sich jedoch in der Recht­spre­chung ein Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milli­liter Blutserum etabliert. Ist dieser Wert erreicht, drohen entspre­chende Sanktionen für Kraftfahrzeugführer.“

Wäre bekifft Radfahren rein theore­tisch legal, falls kein anderer Verkehrs­teil­nehmer gefährdet wird?
„Grund­sätzlich ist die Frage entscheidend, ob man unter Canna­bis­ein­fluss sein Fahrrad sicher im Straßen­verkehr führen kann. Kann man dies nicht, macht man sich unter Umständen strafbar. Auf eine Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer kommt es nicht an. Auf die Fahrun­tüch­tigkeit kann geschlossen werden, wenn man beispiels­weise Schlan­gen­linien fährt, bei einem unsicheren Gang, verän­derter Sprache oder Ähnlichem.“

Was droht, wenn ich bekifft in eine Verkehrs­kon­trolle gerate?
„Grund­sätzlich kann das nicht verkehrs­si­chere Führen eines Rades aufgrund von Canna­bis­ein­fluss unter bestimmten Voraus­set­zungen eine Straftat darstellen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzel­falles an. In Betracht kommt eine Straf­barkeit wegen der Gefährdung des Straßen­ver­kehrs (§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a Alt. 2 StGB).

Dies ist der Fall, wenn man im Straßen­verkehr ein Fahrrad unter Einfluss von berau­schenden Mitteln führt und dadurch andere Menschen oder fremde Sachen von bedeu­tendem Wert gefährdet. Auch die Begehung einer Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB ist möglich. Eine solche Straftat liegt vor, wenn im Verkehr ein Fahrrad geführt wird, obwohl infolge des Genusses berau­schender Mittel die radfah­rende Person nicht in der Lage ist, das Fahrrad sicher zu führen.

Grund­sätzlich droht eine Geldstrafe oder eine Freiheits­strafe. Zudem kann als Neben­strafe ein Fahrverbot oder der Entzug der Fahrerlaubnis und eine Sperre zur Neuer­teilung der Fahrerlaubnis ausge­ur­teilt werden. Für Straf­taten im Straßen­verkehr ist die Eintragung von zwei oder drei Punkten in das Flens­burger Fahreig­nungs­re­gister vorge­sehen. Unter Umständen ist für die Wieder­erlangung der Fahrerlaubnis nach verbüßter Fahrerlaub­nis­sperre eine medizinisch-psychologische Unter­su­chung (MPU) zur Feststellung der Fahreignung erforderlich.“

Was droht mir als Radfahrer, wenn ich erwischt werde und im Besitz eines Führer­scheins bin?
„In bestimmten Konstel­la­tionen muss mit einem mehrmo­na­tigen Fahrverbot oder dem Entzug der Fahrerlaubnis und einer Sperre zur Neuer­teilung der Fahrerlaubnis gerechnet werden.“

Welche Probleme können im Falle eines Unfalls bei der Schadens­re­gu­lierung auftreten?
„Der Drogen­konsum kann sich im Rahmen der Schadens­re­gu­lierung auf die Haftung gegenüber dem Unfall­gegner auswirken. Wird festge­stellt, dass man unter dem Einfluss von Cannabis gefahren ist, kann sich dieser Umstand auf die Haftungs­teilung nieder­schlagen und die eigene Haftungs­quote erhöhen.“

Muss der Gesetz­geber für solche Fälle nachbessern und konkreter werden?
„Das Thema der Legali­sierung von Cannabis sowie die Änderung der Geset­zeslage ist brand­ak­tuell. Der Gesetz­geber muss durch eine entspre­chende Geset­zes­an­passung neue Rahmen­be­din­gungen schaffen. Aufgrund der Beson­der­heiten von Cannabis, beispiels­weise der Wirkung auf den Konsu­menten sowie dem langsamen Abbau der Droge im mensch­lichen Körper, ist der Gesetz­geber in Bezug auf die gesetz­lichen Neure­ge­lungen vor eine große Aufgabe gestellt.

Derzeit gilt unter anderem zu klären, welcher THC-Grenzwert hinsichtlich der Fahrun­tüch­tigkeit als angemessen gilt. Bis der Gesetz­geber Änderungen beschlossen hat und diese in Kraft treten, gelten die bishe­rigen gesetz­lichen Bestimmungen.“

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Quelle: bild.de