Warum der Handel mit Punkten aus Flensburg so schwer zu ahnden ist
Flensburg, das „Tor zum Norden“ und zum Fahrverbot? Nicht unbedingt, denn ein Schlupfloch im Gesetz ermöglicht es „Strohmännern“ und Verkehrssündern immer noch, mit ihren Strafpunkten Handel zu treiben. Automobilverbände sehen hier keinen rechtlichen Handlungsbedarf, die Gewerkschaft der Polizei und ein Arbeitskreis auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag hingegen schon.
Blühender Punktehandel im Netz
Agenturen, die Punktehandel anbieten, sind nicht schwer zu finden. Die Suchworte „Flensburg“ und „Punktehandel“ reichen bereits aus, um prominent platzierte Anzeigen für die „Übernahme“ von Strafpunkten aus der Verkehrssünderkartei in Schleswig-Holstein zu finden.
Laut focus.de hängt der Preis für diese „Agenturleistung“ von der Art des Verstoßes und der Höhe der Überschreitung ab. Anbieter verlangen für ihre Dienste zwischen mehreren hundert bis zu zweitausend Euro.
Ein Blick in die „Strohmann“-Datenbank genügt
Wie wird die Gesetzeslücke konkret ausgenutzt? Die Agenturen verfügen über ein Netzwerk an „Strohmännern“, die bereit sind, Punkte oder Fahrverbote gegen Bezahlung zu „übernehmen“. Wendet man sich vertrauensvoll an einen solchen Anbieter, sucht dieser nach einem Beratungsgespräch eine Person aus der eigenen Datenbank heraus, die in Aussehen, Alter und Geschlecht annähernd mit dem Anfragenden übereinstimmt.
Im Anschluss meldet sich der „Strohmann“ bei der Polizei und gibt an, am Steuer gesessen zu haben. Das ist auch heute noch möglich, da Personen auf Blitzer-Fotos in vielen Fällen nicht eindeutig identifiziert werden können und kleinere Unterschiede im Bußgeldverfahren selten auffallen.
Verfolgung von Punktehändlern gestaltet sich schwierig
Für Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, ist der Punktehandel eine „irre Sauerei“. Insbesondere Fahrer, denen der Entzug der Fahrerlaubnis mit dem achten Punkt droht, würden auf ihn zurückgreifen.
Dabei seien die Strafpunkte oft die einzige Möglichkeit, Verkehrsrowdys zu sanktionieren. Eine gesetzliche Anpassung in Form eines neuen Straftatbestandes könne Tätern das Leben schwer machen. Zum vollständigen Erliegen würde der Handel laut Brockmann aber nicht kommen, da die Verfolgung einen großen zeitlichen und personellen Aufwand voraussetzt.
Straftatbestände werden umgangen
Aus rechtlicher Sicht ist eine Ahndung dieser Behördentäuschung so schwierig, da hier Straftatbestände geschickt umgangen werden. Gibt ein „Strohmann“ an, der Fahrer gewesen zu sein, handelt es sich weder um eine falsche Verdächtigung noch um das Vortäuschen einer Straftat, da es sich bei den Verkehrsverstößen um Ordnungswidrigkeiten handelt. Fällt die Täuschung auf, können Täter laut ADAC-Rechtsexperte Markus Schäpe nur auf dieser Grundlage verfolgt werden.
Rund 5.000 Fahrer im Jahr stehen kurz vorm Fahrverbot
Genaue Zahlen, welche die Dimension des Punktehandels veranschaulichen könnten, gebe es laut Schäpe nicht. Potenziell stehen jedes Jahr insgesamt 5.000 Menschen in Deutschland vor ihrem achten Punkt in Flensburg: „Das sind die Unbelehrbaren, die eine große Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen“, so der Rechtsexperte.
Eine Anpassung der Rechtslage in Form eines neuen Straftatbestands halten der Allgemeine Deutsche Automobilclub ebenso wie der Deutsche Anwaltverein allerdings nicht für notwendig. Es gebe durchaus Mittel und Wege, gegen Behördentrickser vorzugehen, etwa auf Grundlage von Falschaussagen oder mittels einer Fahrtenbuchauflage.
Gewerkschaft der Polizei: Unfälle sind keine Begleiterscheinung
Die Gewerkschaft der Polizei ist im Gegensatz dazu für eine Schließung des Schlupflochs. Nur effektive Sanktionen und ausgiebige Kontrollen ermöglichen es, Geschwindigkeitsverstöße und anderes Fehlverhalten im Verkehr zu ahnden. Unfälle seien keine Begleiterscheinung des Straßenverkehrs und ließen sich in der Regel immer auf den Faktor Mensch zurückführen.
Deutscher Verkehrsgerichtstag diskutiert Punktehandel
Auch der Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar widmet sich der Fragen nach der Bekämpfung des Punktehandels. Professor Peter König, früher Richter am Bundesgerichtshof, leitet den entsprechenden Arbeitskreis des Verkehrsrechtskongresses und hält eine Änderung seitens des Gesetzgebers für nötig: „Aufgabe des Arbeitskreises wird es sein, eine Empfehlung zu entwerfen, ob der Gesetzgeber aufgefordert wird, Sanktionsvorschriften entweder im Strafrecht oder im Ordnungswidrigkeitenrecht einzuführen.“
Bußgeldvorwürfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen
Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwaltskanzleien zusammen und ermöglicht es Betroffenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten eines vollständigen Leistungsspektrums unserer Partnerkanzleien. Ohne eine vorhandene Rechtsschutzversicherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozessfinanzierer die Kosten der Prüfung der Bußgeldvorwürfe und auch die Selbstbeteiligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.
Quellen: tagesschau.de, focus.de, mdr.de