Die Rettungsgasse als Lebensretter im Straßenverkehr
Feuerwehr und Rettungsdienste haben auf deutschen Straßen zunehmend einen schweren Stand. Die Berichte in den Medien über Behinderung der Einsatzkräfte durch wenig verständnisvolle Autofahrer häufen sich. Dabei kann ein Unfall jeden treffen. Die Einsatzfahrzeuge mithilfe einer Rettungsgasse problemlos passieren zu lassen, sollte daher selbstverständlich sein. Wie man die Rettungsgasse bildet und was bei Verstößen droht, erfahren Sie hier.
Vorschriften zur Bildung einer Rettungsgasse
Eine Rettungsgasse muss bei zwei-, drei- und vierspurigen Autobahnen bereits gebildet werden, wenn der Verkehr ins Stocken gerät. Dabei gilt für zweispurige Fahrbahnen: Wer sich auf dem linken Fahrstreifen befindet, hat stets nach links auszuweichen. Auf dem rechten Fahrstreifen hingegen muss nach rechts gefahren werden.
Bei dreispurigen Autobahnen sollte die Rettungsgasse zwischen der äußersten linken und der rechts danebenliegenden Fahrspur freigelassen werden, während Verkehrsteilnehmer bei Autobahnen mit vier Fahrstreifen auf der linken Spur nach links und auf alle anderen Spuren nach rechts ausweichen müssen.
Nach StVO-Update droht sogar ein Fahrverbot
Wer sich nicht an die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung (StVO) hält, muss mit einem Bußgeld rechnen. Im Zuge der am 9. November 2021 in Kraft getretenen StVO-Novelle wurden auch die Regelungen bezüglich der Rettungsgasse verschärft. Bei Verstößen werden seitdem auch zwei Punkte in Flensburg sowie ein Monat Fahrverbot fällig.
Die Höhe des Bußgeldes hängt von der konkreten Verfehlung und davon ab, ob zudem eine Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung vorliegt. So reicht die Spannweite von 200 Euro Strafe bei Nichtbildung einer Rettungsgasse ohne weitere Auswirkungen bis hin zu 320 Euro bei Sachbeschädigung.
240 Euro bis 320 Euro werden jeweils fällig, wenn der Fahrer es entweder unterlässt, einem Einsatzfahrzeug mit blauem Blinklicht und Martinshorn umgehend freie Bahn zu schaffen oder die Rettungsgasse missbraucht, um selbst schneller voranzukommen.
Keine Rettungsgasse gebildet oder diese unberechtigt befahren:
Verstoß | Regelsatz | Punkt(e) | Fahrverbot | BKat-Nr. |
Bei stockendem Verkehr auf einer Autobahn oder Außerortsstraße für die Durchfahrt von Polizei- oder Hilfsfahrzeugen keine vorschriftsmäßige Gasse gebildet | 200 EUR | 2 | 1 Monat | 50 |
… mit Behinderung | 240 EUR | 2 | 1 Monat | 50.1 |
… mit Gefährdung | 280 EUR | 2 | 1 Monat | 50.2 |
… mit Sachbeschädigung | 320 EUR | 2 | 1 Monat | 50.3 |
Unberechtigt mit einem Fahrzeug auf einer Autobahn oder Außerortsstraße eine freie Gasse für die Durchfahrt von Polizei- oder Hilfsfahrzeugen benutzt | 240 EUR | 2 | 1 Monat | 50a |
… mit Behinderung | 280 EUR | 2 | 1 Monat | 50a.1 |
… mit Gefährdung | 300 EUR | 2 | 1 Monat | 50a.2 |
… mit Sachbeschädigung | 320 EUR | 2 | 1 Monat | 50a.3 |
Motorradfahrer im Visier der Straßenverkehrsordnung
Angesichts der Verschärfung von Sanktionen haben vor allem Biker das Nachsehen. Jan Ginhold, Geschäftsführer der CODUKA GmbH und Betreiber des Portals Geblitzt.de, äußert sich entsprechend kritisch: „Diese Regel finden wir insbesondere für Motorradfahrer sehr hart. Stehen diese beispielsweise bei sehr hohen Temperaturen im Stau, gehören sie eher zu den schwächeren Verkehrsteilnehmern. Bereits jetzt wird das Befahren der Rettungsgasse von Motorradfahrern als unerlaubtes Rechtsüberholen sanktioniert. Ob zusätzlich noch ein Fahrverbot notwendig ist, ist zweifelhaft.“
Höchstrichterliche Konkretisierung zur Rechtslage der Rettungsgasse
Für alle Verkehrsteilnehmer, die nach wie vor unsicher sind, wann genau man als Fahrer die Rettungsgasse bilden muss, hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg am 20. November 2022 ein entsprechendes Urteil gefällt (2 Ss [OWi] 137/22). So hatte ein Autofahrer gegen ein Bußgeld in Höhe von 230 geklagt, nachdem er im Zuge der Bildung einer Rettungsgasse, anstelle von ganz links oder rechts, am linken Rand auf der mittleren Spur gefahren war. Seiner Meinung nach hätte er die Vorgaben zur Rettungsgasse erst befolgen müssen, wenn der Verkehr schon eine gewisse Zeit zum Stillstand gekommen wäre.
Dem folgten die Richter nicht. Stattdessen wäre ein Blick in § 11 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung unerlässlich: „Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung in Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußersten linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“
Die Betonung auf „sobald“, würde zweifelsfrei darauf hinweisen, dass der Verkehrsteilnehmer umgehend handeln müsse, wenn erkennbar wird, dass eine Rettungsgasse gebildet werden muss. Eine Überlegungsfrist oder einen Handlungsspielraum habe der Gesetzgeber damit nicht vorgesehen.
Keine Rettungsgassen-Pflicht für innerörtlichen Verkehr
Ein weiteres Urteil (Az.: 201 ObOWi 971/23) gibt konkreten Aufschluss darüber, wie es sich mit der Bildung der Rettungsgasse innerorts verhält. So entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in München, dass eine Rettungsgasse im innerstädtischen Verkehr nicht verpflichtend ist. Damit gaben die Richter einem Lkw-Fahrer recht, der auf einer Bundesstraße keine Rettungsgasse gebildet hatte.
Während das vorinstanzliche Amtsgericht (AG) die Bußgeldvorwürfe aufgrund des autobahnähnlichen Ausbaus der Straße begründet sah, kamen die Richter des BayObLG zu dem Schluss, dass die Ähnlichkeit der Bundesstraße zu einer Autobahn nicht davon ablenken dürfe, dass es sich um eine Straße innerhalb geschlossener Ortschaften handeln würde.
Standstreifen, Stoppschild und rote Ampel
In manchen Situationen kann die Bildung einer Rettungsgasse auch anderen Verkehrsregeln vorangestellt werden. So muss etwa der Standstreifen auf einer Autobahn in der Regel freigehalten werden. Es sei denn, der Fahrer hat keine Möglichkeit, eine Rettungsgasse zu bilden, ohne den Standstreifen zu befahren oder wenn die Polizei ausdrücklich dazu auffordert, auf diesen auszuweichen.
Auch die Verkehrsvorschriften wie das Halten bei einem Stoppschild oder vor einer roten Ampel können temporär vernachlässigt werden, wenn es der Bildung einer Rettungsgasse dient. In diesen Fällen darf man behutsam auf die Kreuzung fahren, um den Fahrern hinter sich zu ermöglichen, den Einsatzkräften freie Bahn zu schaffen.
Gut zu wissen: Wird man in einer solchen Situation bei Rot geblitzt, ist eine Anfechtung der Bußgeldvorwürfe unbedingt anzuraten, da man die Ampel ausschließlich aufgrund der erforderlichen Situation überfahren hat.
Bußgeldvorwürfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen
Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwaltskanzleien zusammen und ermöglicht es Betroffenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten eines vollständigen Leistungsspektrums unserer Partnerkanzleien. Ohne eine vorhandene Rechtsschutzversicherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozessfinanzierer die Kosten der Prüfung der Bußgeldvorwürfe und auch die Selbstbeteiligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.