Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht spricht Verkehrsteilnehmerin eine Teilschuld zu
In der Regel haben Autofahrer beim grün leuchtenden Linkspfeil einer Ampel freie Fahrt. Im Falle eines Unfalls müssen sie für Schäden nicht haften. Fällt jedoch die Ampel aus, sieht die Rechtslage anders aus. So entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) in einem Urteil vom 20. September 2022 (Az.: 7 U 201/21), dass die betroffene Autofahrerin zu 20 Prozent selbst haften muss.
Zusammenstoß mit Folgen
Die Fahrerin war während des Ausfalls der Ampelanlage beim Linksabbiegen an einer Kreuzung mit einem ihr entgegenkommenden Omnibus zusammengestoßen, was einen Schaden am Pkw von rund 7.000 Euro verursachte. Diesen wollte die Frau ersetzt bekommen. Da die Gegenseite der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, zog die Geschädigte vor das Landgericht (LG) Lübeck.
Landgericht urteilt pro Klägerin
Das Landgericht gab der Klägerin recht. So habe der Beklagte „der allgemeinen Sorgfaltspflicht aus § 1 StVO sowie der aus § 11 Abs. 3 StVO folgenden Pflicht zum umsichtigen Fahren bei unklarer Verkehrslage zuwider gehandelt.“ Er hätte nach Ausfall der Ampelanlage zwar das Vorfahrtsrecht gehabt, den Ausfall der Lichtzeichenanlage während der Dauer seiner Rotphase aber sehen und entsprechend reagieren müssen.
Die Klägerin hingegen habe korrekt gehandelt, da die Autofahrerin noch bei für sie eingreifendem Grünlicht in die Kreuzung eingefahren wäre. Die während des Abbiegevorgangs ebenfalls ausgefallene Fußgängerampel wäre kein Anlass für die Klägerin gewesen, daraus abzuleiten, dass die ganze Ampelanlage ausgefallen sei. Die beklagte Partei legte gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht in Schleswig ein.
Oberlandesgericht ändert Urteil ab
Das OLG hielt die Berufung für teilweise begründet. Laut Aussage der Richter wäre der Unfall vermeidbar gewesen. Zwar dürfe ein Autofahrer beim Abbiegen auf den grünen Ampelpfeil grundsätzlich vertrauen. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG, wie das Landgericht zu Unrecht für die Klägerin angenommen hätte, läge aber nicht vor. Dieser Paragraf greife nur, wenn ein Unfall auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden könne.
So hätte ein Idealfahrer „aus dem mit dem Ampelausfall einhergehenden Ausfall des Ampellichts der Fußgängerampel, der für die Linksabbieger erkennbar war, geschlossen, dass es eine Fehlfunktion der Ampelschaltung gibt.“ Dennoch sei der Klägerin kein Verkehrsverstoß vorzuwerfen, „denn die Nichtbeachtung der Fußgängerampel genügt zwar, um ihr die Berufung auf ein unabwendbares Ereignis zu versagen, es erreicht aber nicht die Qualität eines Verkehrsverstoßes“.
Vielmehr handele es sich um ein Fehlverhalten leichterer Art in einer nicht alltäglichen Verkehrssituation wie einem Ampelausfall. Daher sprach das Gericht der Fahrerin immerhin noch einen Schadenersatz von 80 Prozent zu. Gründe für die Zulassung einer Revision gegen das Urteil sieht das Gericht nicht.
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