• Lesedauer:8 min Lesezeit

Das halten die verschie­denen Organi­sa­tionen vom geplanten Bußgeldkatalog

Nachdem die StVO-Novelle letztes Jahr aufgrund eines Formfehlers gescheitert war, sollte der Bundesrat am 17. September 2021 über die neue Version abstimmen. Trotz der Ankün­di­gungen der Politik ist dies nicht der Fall. Der Grund dafür liegt im CDU/CSU-geführten Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium. Dieses hatte wohl Sorge, dass das Voran­treiben des verschärften Bußgeld­ka­ta­loges durch das Minis­terium wahltak­tisch ungünstig wahrge­nommen wird. Es lieferte den Entwurf erst Anfang September, also zu spät, zu. Dies wirkt etwas befremdlich. Bevor der Bundesrat abstimmt, entscheidet vorab noch der Verkehrs­aus­schuss über seine Empfehlung. Da sich die Länder im Vorfeld aller­dings bereits einig waren und der Neufassung zustimmen wollten, wird der Verkehrs­aus­schuss den Entwurf vermutlich durch­winken. So kann der Bundesrat den neuen Bußgeld­ka­talog in der nächsten Sitzung nach der Wahl beschließen. Von Verbänden und Vereinen gab es vorab viele Stellung­nahmen zum neuen Bußgeld­ka­talog. Wer dabei welche Positionen vertritt, erklärt die Berliner CODUKA GmbH – Betreiber des Portals www.geblitzt.de.

bild der neue bussgeldkatalog wird wieder verschoben

Stellung­nahmen der Interessenverbände

Schon bei den Geschwin­dig­keits­über­schrei­tungen scheiden sich die Geister in den unter­schied­lichen Organi­sa­tionen. Während der ADAC, der Bundes­verband Güter­kraft­verkehr Logistik und Entsorgung (BGL) sowie der Deutsche Städtetag die neuen Sanktionen bei Tempo­über­schrei­tungen begrüßen, sind die Vertreter der Radfahrer und Umwelt­ver­bände, wie beispiels­weise der ADFC oder der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV), eher enttäuscht und fordern früher greifende Fahrverbote.

Die Deutsche Polizei­ge­werk­schaft sowie die Gewerk­schaft der Polizei haben eine dritte Perspektive. Beide Gewerk­schaften sind für frühere Fahrverbote, sehen aber einen generellen Änderungs­bedarf des Bußgeld­ka­ta­loges. Die Gewerk­schaft der Polizei fordert sogar die Anpassung der Bußgelder an ein inter­na­tio­nales Niveau.

„Grund­sätzlich hat man das Gefühl, als handle es sich beim neuen Bußgeld­ka­talog um Flick­schus­terei“, sagt Jan Ginhold, Geschäfts­führer und Betreiber von Geblitzt.de.

Ein Beispiel dafür ist die vom Fachverband Fußverkehr Deutschland angebrachte Kritik, warum das Befahren oder Halten auf dem Geh- oder Radweg geringer sanktio­niert wird, wenn ein entspre­chendes Verkehrs­zeichen angebracht ist.

Darüber hinaus kriti­sieren sowohl die Deutsche Polizei­ge­werk­schaft als auch der Deutsche Verkehrs­si­cher­heitsrat, dass die Sanktionen für E-Scooter nicht verschärft werden. So zahlen Verkehrs­teil­nehmer künftig 55 statt 10 Euro, wenn sie vorschrifts­widrig Gehwege, links­seitig Radwege, Verkehrs­inseln oder Grünan­lagen befahren. Für E-Scooter gilt dies jedoch nicht. Die Sanktionen für Elektro­kleinst­fahr­zeuge, zu denen auch E-Scooter gehören, sind separat im Bußgeld­ka­talog unter der Nr. 238 BKatV zu finden. Dort hat die Politik aber nichts geändert.

„Anhand der Kritik deutet sich an, dass der Bußgeld­ka­talog nicht voraus­schauend angepasst wurde. Die Probleme, die E-Scooter in den Städten bereiten, wurden nicht angegangen. Anstatt die Bußgelder im Allge­meinen nur zu erhöhen, hätte man in Sachen E-Scooter doch ein Eingreifen erwartet“, so Ginhold dazu.

Positionen zu Park- und Halteverboten

Bei den Park- und Halte­ver­boten sind sich die Inter­es­sen­ver­bände ebenfalls nicht einig. Der Allge­meine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), der Verbund Service und Fahrrad (VSF) sowie der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) begrüßen die neuen höheren Sanktionen, die beim Parken und Halten auf Geh- und Radwegen sowie in zweiter Reihe künftig fällig werden, uneingeschränkt.

Etwas diffe­ren­zierter sehen dies die anderen Verbände. Während der ADAC kriti­siert, dass die Regelungen überzogen sind und die Punkte nicht in die Syste­matik passen, gehen andere Verbände weiter in ihrer Kritik. Der Bundes­verband Güter­kraft­verkehr Logistik und Entsorgung fragt sich, wie künftig Versorgung und Liefe­rungen sicher­ge­stellt werden, und fordert Ausnah­me­re­ge­lungen. So argumen­tieren auch der Bundes­verband Paket und Express­lo­gistik e. V. (BIEK) sowie der Zentral­verband des Deutschen Handwerks (ZDH), dass gewerb­liche Verkehrs­teil­nehmer häufig keine andere Möglichkeit hätten, und stellen die Verhält­nis­mä­ßigkeit der Sanktionen infrage. Der Bundes­verband Spedition und Logistik bekräftigt ebenfalls das Fehlen von Alter­na­tiven in Städten. Er ist zudem der Meinung, dass eine Folgen­ab­schätzung vorab geholfen hätte, dies zu erkennen, da auch der Online-Handel stetig wächst. Insgesamt sind sich alle einig: Der Konflikt wird auf dem Rücken der Handwerker und Liefe­ranten ausgetragen.

Ginhold dazu: „Die Kritik der Verbände ist in diesem Punkt nachvoll­ziehbar. Lösungs­an­sätze für den Liefer­verkehr und Online-Handel wurden von der Politik vergessen. Ein ganzheit­licher Ansatz für den Verkehr fehlt. Es wird nur an einzelnen Stell­schrauben gedreht. Wir brauchen aber zukunfts­fähige Lösungen für alle Verkehrs­teil­nehmer. Im Zuge der Diskussion um die Park- und Halte­ver­stöße haben wir von Geblitzt.de beschlossen, künftig auch diese Verstöße zu bearbeiten. Mit Inkraft­treten des neuen Bußgeld­ka­ta­loges können sich Verkehrs­teil­nehmer, denen ein Bußgeld wegen Parken oder Halten auf einem Geh- oder Radweg droht, an uns wenden und den Vorwurf von unseren Partner­an­wälten prüfen lassen.“

Sicher­heits­ab­stände

Viel zu gering seien die neuen Sanktionen bezüglich der Sicher­heits­ab­stände, findet beispiels­weise der ADFC. Die Deutsche Polizei­ge­werk­schaft, der Deutsche Verkehrs­si­cher­heitsrat, der Verkehrsclub Deutschland e. V. (VCD), der Verbund Service und Fahrrad (VSF) sowie Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) schließen sich dem an. Ein fester Mindest­ab­stand sei nicht notwendig gewesen, meint hingegen der Bundes­verband Güter­kraft­verkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL).

Weiterhin wünschen sich sowohl die Deutsche Polizei­ge­werk­schaft als auch der Deutsche Verkehrs­si­cher­heitsrat bei sogenannten "Dooring-Verstößen", also der Gefährdung von Radfahrern durch das Türauf­reißen, ein höheres und angemes­senes Bußgeld, um der Gefahr gerecht zu werden.

Verwarn­gelder

Grund­sätzlich unter­scheidet man im Verkehrs­recht zwischen Verwarngeld und Bußgeld. Bei gering­fü­gigen Ordnungs­wid­rig­keiten kann die zuständige Behörde ein Verwarngeld von fünf bis 55 Euro ansetzen. Bei den Verwarn­geldern kommt hinzu, dass die Fahrer­ei­gen­schaft keine Rolle spielt. Ist die zu zahlende Summe höher, handelt es sich um ein Bußgeld und es entsteht eine zusätz­liche Bearbei­tungs­gebühr von 25 Euro plus Auslagen. Im neuen Bußgeld­ka­talog wird bereits ab einer Überschreitung von 16 bis 20 km/h ein Bußgeld fällig und kein Verwarngeld mehr wie bisher.

Sowohl der Deutsche Städterat als auch der ADAC wollen, dass die Grenzen für Verwarn­gelder erhöht werden. Die Motive dafür fallen aber ganz unter­schiedlich aus.

Laut dem Deutschen Städtetag werde die Zahl der Bußgelder steigen. Zudem erwartet er, dass die neuen niedrigen Sanktionen weiterhin wenig Anreiz bieten, sich an die Vorschriften zu halten. Im Fall der Halte- und Parkver­stöße müsse zukünftig mit dem Vorwurf der Behin­derung und Gefährdung auch der Fahrer ermittelt werden. Daher rechnet der Deutsche Städtetag mit einem erheb­lichen Mehraufwand in der Fallbe­ar­beitung und einer Steigerung des Personalbedarfs.

„Der Bundesrat rechnet im Gegensatz zum Deutschen Städtetag nicht mit höheren Kosten durch den neuen Bußgeld­ka­talog. Offen­sichtlich ist aber, dass wenn es künftig zu weniger Verwar­nungen und mehr Bußgeld­ver­fahren kommt, so wie es der Deutsche Städtetag erwartet, der Aufwand steigt. Behör­den­mit­ar­beiter müssen in jedem Bußgeld­ver­fahren die Fahrer­ei­gen­schaft mithilfe von Melde­stellen feststellen. Es müsste also definitiv Geld in die Hand genommen werden, um der Lage Herr zu werden. Wir können die Sorge des Deutschen Städtetags daher nachvoll­ziehen. Wir sehen täglich, dass die Behörden und Gerichte schon jetzt bei den Bußgeld­ver­fahren nicht hinter­her­kommen. Auch hier wurde nicht zu Ende gedacht“, so Jan Ginhold.

Der ADAC hat eine etwas andere Heran­ge­hens­weise und kriti­siert, dass Betroffene künftig in Bußgeld­ver­fahren „gezwungen“ werden, was seitens des ADAC nicht nachvoll­ziehbar ist. Zudem hätten Betroffene Verwar­nungs­be­scheide eher akzep­tiert als Bußgeld­be­scheide. Folglich könne dies zu höheren Einspruchs­zahlen führen und die Gerichte stärker belasten.

„An der Forderung des ADAC wird sehr deutlich, wie jede Organi­sation ihre eigenen Inter­essen vertritt. Da der ADAC auch einer der größten Anbieter für Verkehrs­rechts­schutz­ver­si­che­rungen in Deutschland ist und bei Verwarn­geldern keine Kosten einer juris­ti­schen Überprüfung übernimmt, möchte er natürlich, dass die Verwarn­geld­grenze hochge­setzt wird, um möglichst wenig Verfahren finan­zieren zu müssen“, erklärt Jan Ginhold. „So oder so können aber immer Fehler in Bußgeld­ver­fahren passieren, Betroffene sollten daher ihre Bußgeld­be­scheide überprüfen lassen.“

Ob und wann der neue Bußgeld­ka­talog in Kraft tritt, ist somit offen. Die Vermutung liegt aller­dings nahe, dass der Bundestag bei der nächsten Sitzung am 8. Oktober über den Bußgeld­ka­talog abstimmt.

Hilfe im Bußgeld­ver­fahren über Geblitzt.de

Der Online-Service der CODUKA GmbH arbeitet eng mit drei großen Anwalts­kanz­leien zusammen, deren Verkehrs­rechts­an­wälte bundesweit vertreten sind. Die Zahlen können sich sehen lassen. Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden einge­stellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Straf­re­du­zierung. Und wie finan­ziert sich das kosten­freie Geschäfts­modell? Durch die Erlöse aus Lizenzen einer selbst entwi­ckelten Software, mit der die Anwälte der Partner­kanz­leien ihre Fälle deutlich effizi­enter bearbeiten können. Somit leistet die CODUKA GmbH aufgrund des Einsatzes von Legal-Tech-Lösungen Pionier­arbeit auf dem Gebiet der Prozess­fi­nan­zierung. Haben auch Sie einen Bußgeld­be­scheid erhalten? Melden Sie sich auf www.geblitzt.de an.

Quelle: Stellung­nahmen der Verbände