Wie die „beharrliche Pflichtverletzung“ zu höheren Strafen führen kann
Im August wurde eine Autofahrerin auf der A2 bei Bielefeld mit 19 km/h zu viel auf dem Tacho geblitzt und dachte erst, sie käme knapp mit einem Regelbußgeld davon. Aber dann flatterte ein Brief der Behörden in ihren Briefkasten und mit ihm eine Verdoppelung der Geldstrafe plus ein Monat Fahrverbot. Doch ist das überhaupt rechtens? Tom Louven, Verkehrsrechtsexperte und Partneranwalt von Geblitzt.de, erläutert die Rechtslage.
„Beharrliche Pflichtverletzung“
Laut Rechtsexperte Louven haben die Behörden bei dem Verhängen höherer Strafen gewisse Spielräume. „Aber nur in besonderen Fällen. Sehen die Behörden eine sogenannte grobe oder beharrliche Pflichtverletzung bei Verkehrsteilnehmern, können sie die Strafe nach eigenem Ermessen erhöhen und sogar Fahrverbote aussprechen. Dieses Vorgehen soll unter anderem dazu dienen, Wiederholungstäter abzuschrecken.“
Ein erster Anhaltspunkt für die Verschärfung einer Sanktion ist daher die Frage: Ignoriert der Fahrer mit seinem Verhalten wiederholt die Regeln des Straßenverkehrs? Ist dies der Fall und der Verkehrsteilnehmer fällt mehrfach negativ auf, kann von einer „beharrlichen Pflichtverletzung“ gesprochen werden. In diesen Fällen ist eine Erhöhung der Regelgeldbuße möglich. „Ergänzend kann sogar ein Fahrverbot festgesetzt werden. Dies liegt letztlich im Ermessen der Behörde oder später des Gerichts“, so Rechtsanwalt Louven.
„Grobe Pflichtverletzung“
In bestimmten Fällen reicht aber auch schon ein besonders schwerwiegender Verstoß aus, sodass Buße, Fahrverbot und Punkte erhöht werden können. Zu den sogenannten „groben Pflichtverletzungen“ gehören etwa der qualifizierte Rotlichtverstoß, bei dem eine länger als eine Sekunde rot leuchtende Ampel überfahren wird oder das exzessive Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Beide können ein Fahrverbot nach sich ziehen.
„Innerorts gilt beispielsweise eine Geschwindigkeitsüberschreitung ab 31 km/h, außerorts ab 41 km/h als grobe Pflichtverletzung. Auch wenn Autofahrer über eine rote Ampel fahren, die schon länger als eine Sekunde auf Rot steht, handelt es sich um eine grobe Pflichtverletzung. Neben einer Geldbuße und zwei Punkten sieht der Bußgeldkatalog hierfür grundsätzlich stets auch ein Fahrverbot vor“, erklärt Louven.
2x viel zu schnell = Fahrverbot
Zudem greift bei der Bewertung der Einzelfälle auch die sogenannte 2x26-Regelung. Was ein bisschen nach einer Bestellung im Chinaimbiss klingt, bezieht sich auf das wiederholte Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und kann ebenfalls zum Risiko für die Fahrerlaubnis werden.
„Hat ein Fahrer bereits eine rechtskräftige Geldbuße wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h erhalten und wird innerhalb eines Jahres erneut mit mindestens 26 km/h über dem Tempolimit erwischt, kann ein Fahrverbot verhängt werden“, weiß Verkehrsrechtsexperte Louven.
Eine Frage des Ermessens
Nichtsdestotrotz liegen viele Entscheidungen im Ermessen der zuständigen Behörden. Dabei gibt es aber auch regionale Unterschiede. „In Niedersachsen ist ein Fahrverbot wegen beharrlicher Pflichtverletzungen laut einem Runderlass beispielsweise an eine Mindestanzahl von Voreinträgen gebunden: Wer innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens dreimal im Fahreignungsregister eingetragen wurde, muss hier mit einem Fahrverbot rechnen“, so Louven.
Rechtsanwalt Louven: Chancen bei Einspruch vielversprechend
Für den Fall der geblitzten Autofahrerin auf der A2 hat der Verkehrsrechtsanwalt noch eine Empfehlung parat: „Im Fall der Betroffenen […] halte ich die Festsetzung eines Fahrverbots für recht fragwürdig, da es bei der im Raum stehenden Tat noch nicht einmal um einen Punkt geht. Vermutlich stünden ihre Chancen bei einem Einspruch gut.“
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Quelle: bild.de