Formfehler im Bußgeldkatalog
Stand: 22.07.2020 15:00 Uhr
Im wahrsten Sinne herrscht gerade Chaos auf deutschen Straßen. Der Grund dafür ist ein Formfehler in der überarbeiteten Straßenverkehrsordnung (StVO), die am 28. April 2020 in Kraft trat. Zunächst kündigte Bundesverkehrsminister Scheuer im Mai an, die von ihm unterzeichneten härteren Sanktionen wieder rückgängig machen zu wollen. Kurze Zeit später kam heraus, dass die erneuerte StVO ohnehin zweifelhaft ist. Prompt kündigten die ersten Bundesländer an, die geänderten Fahrverbotsregelungen vorerst nicht anzuwenden beziehungsweise zur alten StVO zurückzukehren. Nachdem sich alle Bundesländer für diesen Vorgang entschieden haben, korrigieren nun einige bereits rechtskräftige Bußgeldbescheide und andere nicht. Auch der Gnadengesuch findet in bestimmten Bundesländern Anwendung. Wie genau welches Bundesland die Situation nun handhabt, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Berlin will die rechtskräftigen Bußgeldbescheide nicht aufheben
Berlin hat den neuen Bußgeldkatalog mit deutlich höheren Strafen außer Kraft gesetzt. Laufende Bußgeldverfahren werden demnach nach dem alten Recht, das bis zum 27. April galt, behandelt. Die bereits rechtskräftigen Bußgeldbescheide will Berlin anders als Brandenburg aber nicht wieder aufheben und korrigieren. Laut der Senatsverwaltung für Verkehr hatten sich die Bundesländer darauf verständigt, dass rechtskräftige Bußgeldbescheide nicht zurückgenommen werden.
Brandenburg stoppt die Vollstreckung der rechtskräftigen Bußgeldbescheide
Im Gegensatz zu Berlin hebt Brandenburg rechtskräftige Bußgeldbescheide auf. Demnach müssen Autofahrer Bußgelder vorerst nicht bezahlen. Zudem wurden sofort nach der Entscheidung des Innenministers Stübgen alle Fahrverbote aufgehoben, die nach dem neuen Katalog verhängt worden waren. Dies betraf rund 17.000 Fahrverbote.
Hamburg gibt Führerschein auf Antrag zurück
In Hamburg können Betroffene unter Umständen ihren Führerschein zurückbekommen. Dafür müssen sie aber nachweisen, dass sie auf den Führerschein angewiesen sind. Weiterhin besteht die Voraussetzung, dass der Führerscheinentzug nicht auch nach dem alten Bußgeldkatalog verhängt worden wäre. Grundsätzlich lehnt die Hamburger Verkehrsbehörde eine Rückkehr zum alten Bußgeldkatalog ab.
Saarland gibt Führerscheine zurück
Im Saarland bekommen Betroffene ihren Führerschein zurück. Bereits 133 eingezogene Führerscheine sind an ihre Besitzer zurückgegangen. Die Bußgelder werden aber nicht zurückerstattet, da das Bundesverkehrsministerium keine rechtliche Möglichkeit dafür sieht. Buß- und Verwarngelder müssen daher bezahlt werden.
Gnadenrecht in Nordrhein-Westfalen
Auch in NRW wird der neue Bußgeldkatalog nicht angewendet. Als Übergangslösung soll nach der alten StVO gehandelt werden. Die Bußgeldstellen prüfen nun die Fahrverbote. Wäre nach dem alten Recht kein Verbot fällig gewesen, sollen die Betroffenen ihren Führerschein zurückerhalten oder nicht abgeben müssen. Dafür muss man allerdings eine Gnadenentscheidung beantragen, denn wenn die Fahrverbote bereits rechtskräftig sind, funktioniert das juristisch nur über diesen Weg. Geldstrafen werden auch in NRW nicht zurückerstattet.
Gnadengesuch auch in Bremen
Auch in Bremen können Autofahrer ein Gnadengesuch stellen, wenn sie ihren Führerschein zurückhaben möchten. Dies gilt aber nur für noch nicht vollstreckte Fahrverbote. Bei bereits erlassenen Bescheiden besteht die Möglichkeit eines Einspruchs.
In Niedersachsen müssen Gnadengesuche gestellt werden
Aktualisiert: 29.07.2020 14:00 Uhr
In Niedersachsen dauerte die Entscheidung zum Umgang mit den Fahrverboten etwas länger, aber nun ist es auch in diesem Bundesland entschieden. Alle Bußgeldbehörden wurden angewiesen, die Aufhebung im Rahmen eines Gnadengesuchs zu bearbeiten. Betroffene können sich schriftlich an die Behörde wenden und formlos einen Antrag auf Aufhebung des Fahrverbots stellen. Bereits rechtskräftige Bußgeldbescheide können hingegen nicht zurückgenommen werden.
15.000 Fahrverbote in Hessen ungültig
Aktualisiert: 29.07.2020 14:00 Uhr
In Hessen werden alle laufenden Verfahren individuell geprüft. Dann wird entscheiden, ob die Bußgeldverfahren vollständig oder teilweise zurückgenommen werden können. Bereits 60.000 Verfahren wurden eingestellt, sofern sie nicht rechtskräftig waren. Zudem bekommen 15.000 Verkehrsteilnehmer ihre Führerscheine zurück oder müssen sie nicht abgeben. Dies bestätigte die Zentrale Bußgeldstelle beim Regierungspräsidium Kassel am 28.7.2020. Die Betroffenen erhalten ihren Führerschein per Post zurück. Die Geldbuße muss allerdings bei den rechtskräftigen Verfahren bezahlt werden und auch die Punkte bleiben.
In Bayern erhalten Betroffene den Führerschein zurück
Etwa 1000 Menschen bekommen in Bayern ihren Führerschein per Post oder auf einer Dienststelle zurück. Ob Autofahrer jedoch ihr zu viel gezahltes Bußgeld wiederbekommen, ist bisher fraglich.
100.000 Betroffene Verfahren in Baden-Württemberg
Laut dpa erklärte das Verkehrsministerium von Baden-Württemberg, dass vermutlich 100.000 Verfahren betroffen sind. 1.000 Führerscheine gehen mithilfe einer Gnadenentscheidung des jeweiligen Regierungspräsidiums zurück an ihre Besitzer. Bei den Bußgeldern sieht es allerdings anders aus. Die sind weiterhin aktuell. Führerscheine, die auch nach dem alten Katalog eingezogen worden wären, werden nicht zurückgegeben.
In Schleswig-Holstein werden Fahrverbote teilweise zurückgenommen
Fahrverbote in Schleswig-Holstein werden teilweise zurückgenommen, aber nur wenn sie noch nicht rechtskräftig sind. Rechtskräftige Bußgeldbescheide werden geprüft und gegebenenfalls mit einer Gnadenentscheidung aufgehoben. Betroffene müssen in diesem Fall keinen Antrag stellen, denn die Prüfung erfolgt von Amts wegen.
Gnadenverfügung in Sachsen-Anhalt
Auch in Sachsen-Anhalt bekommen einige Betroffene ihren Führerschein zurück. Denjenigen, die ein Fahrverbot erhalten haben, dass nach den alten Regeln nicht verhängt worden wäre, wird der Führerschein zurückgesendet. Denn das Ministerium hat eine Gnadenverfügung angewiesen. Laufende Bußgeldverfahren sollen nach dem alten Katalog geahndet werden.
Auch Thüringen verzichtet auf Fahrverbote
In Thüringen werden weder Bußgelder noch Fahrverbote derzeit vollzogen. Die Verstöße werden weiterhin aufgenommen, aber erst später geahndet.
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