Warum vor dem Überholen erhöhte Vorsicht geboten ist
Das Überholen eines anderen Fahrzeugs kann in bestimmten Situationen auch ohne ein entsprechendes Verbotszeichen untersagt sein. Ist die Verkehrslage etwa unübersichtlich, gilt ein generelles Überholverbot. Doch welche weiteren Regelungen gibt es hinsichtlich des hinter sich Lassens anderer Kfz? Lesen Sie hier, in welchen Situationen die Straßenverkehrsordnung (StVO) das oft unterschätzte Überholen grundsätzlich verbietet und was es bei diesem Manöver sonst noch zu beachten gibt.
Sicheres Überholen muss gekonnt sein
Das Überholen eines anderen Fahrzeugs lässt auch bei geübten Autofahrern den Puls für einen Moment in die Höhe schnellen. Denn das sichere Vorbeiziehen erfordert eine gute Übersicht und ein exaktes Timing beim Spurwechsel.
Im Zweifelsfall ist es grundsätzlich ratsam, auf Überholmanöver zu verzichten. Es gibt allerdings einige Fälle, in denen diese ohnehin untersagt sind – auch ohne ein entsprechendes Verbotsschild.
Grundsätzlich von links, außer in zwei Ausnahmefällen
In Deutschland regelt § 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) das Überholen. Dort ist gleich im ersten Absatz vorgeschrieben, dass grundsätzlich von links überholt werden muss.
Für das Rechtsüberholen auf Autobahnen gibt es aber auch zwei Ausnahmen: Haben sich in eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet oder stehen oder schleichen auf dem linken Fahrstreifen andere Pkw, ist das langsame Überholen von rechts mit 20 km/h Geschwindigkeit zulässig.
Überholweg- und zeit werden oft unterschätzt
Unzulässig ist es laut StVO unter anderem dann, wenn es durch ein entsprechendes Verbotsschild untersagt wird oder die Verkehrslage nicht hinreichend für ein sicheres Manöver eingeschätzt werden kann.
Denn häufig wird unterschätzt, wie lange es dauert und wie weit man fahren muss, um ein anderes Auto mit ausreichendem Abstand hinter sich zu lassen. Eine kurze Berechnung des benötigten Überholweges veranschaulicht, wie viel Strecke und wie viel Zeit für einen solchen Vorgang tatsächlich erforderlich sind:
- Fährt der Vordermann mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h, wird eine Strecke von 173 Metern für das Passieren in Anspruch genommen.
- Bewegt sich das zu überholende Fahrzeug mit 80 km/h, ist bereits ein Weg von 218 Metern erforderlich.
- Bei 90 km/h Fahrtgeschwindigkeit braucht man fast einen halben Kilometer (436 Meter) zum Überholen.
Voraussetzung für die Kalkulation ist, dass beide Kfz sich mit einem konstanten Tempo bewegen. Beim Überholen muss man in der Regel aber erst beschleunigen, wodurch sich der Überholweg noch einmal deutlich verlängert. Wer mit 100 km/h fährt und alle Sicherheitsabstände einhält, braucht in der Regel etwa einen halben Kilometer, um ein Fahrzeug 80 km/h schnelles Kfz zu überholen.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit sollte jedoch nicht nur dieser Abstand in die Berechnung einbezogen werden. Da beim Überholen immer mit etwa gleich schnellem Gegenverkehr gerechnet werden muss, sollte in der Tat die doppelte Distanz für ein sicheres von dannen Fahren einkalkuliert werden.
Wann ist das Überholen auch ohne Schild untersagt?
Welche Situationen gibt es aber jenseits der unklaren Verkehrslage, in denen auch ohne ein entsprechendes Verbotsschild nicht überholt werden darf? Die StVO gibt in den weiteren Absätzen von Paragraf 5 Aufschluss. Hier eine sinngemäße Übersicht:
- Man führt ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 7,5 t und die Sichtweite wegen Nebel, Schneefall oder Regen fällt unter die 50-Meter-Schwelle.
- Sofern es nicht möglich ist, wesentlich schneller als das zu überholende Fahrzeug zu fahren.
- Wenn sich nicht ausschließen lässt, dass während des gesamten Überholvorgangs der Gegenverkehr behindert wird.
- Ein (los-)fahrender Bus schaltet die Warnblinkanlage ein.
- An einem Zebrastreifen.
Weitere Knackpunkte beim Überholen
Neben der benötigten Strecke ist es ebenfalls wichtig, sicherzustellen, dass auch der nachfolgende Verkehr nicht behindert wird und ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Fahrzeugen eingehalten wird.
Sowohl das Ausscheren als auch das Wiedereinscheren muss durch Setzen des entsprechenden Blinkers signalisiert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften ist dann sogar ein kurzes Aufblenden oder Hupen erlaubt, um auf den Beginn des Manövers hinzuweisen.
In passiver Hinsicht enthält die StVO auch Vorschriften für Fahrzeuge, die überholt werden. Diese dürfen ihre Geschwindigkeit während des Überholvorgangs keinesfalls erhöhen. Wer ein deutlich langsameres Fahrzeug lenkt, muss schnelleren Kfz sogar ein gefahrloses Überholen ermöglichen, indem er wartet oder seine Geschwindigkeit weiter reduziert.
Welche Strafen drohen bei Missachtung eines Überholverbots?
Grundsätzlich gilt: Wer trotz eines Verbotes überholt, muss mit einem Bußgeld von mindestens 70 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Ist zu allem Überfluss die Verkehrslage auch noch unübersichtlich, kann sich die Buße auf einen Betrag in Höhe von 150 Euro erhöhen.
Nimmt der Fahrer zusätzlich eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf, erhöht sich das Bußgeld auf 250 Euro, zu dem zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot hinzukommen.
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