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Umstrit­tenes Blitzen aller Lkw bringt Stadt 450.000 Euro ein

Autofahrer in Lüden­scheid werden derzeit durch neue Blitzer verun­si­chert. Offenbar wurden die fünf von der Stadt neu angeschafften Radar­säulen so einge­stellt, dass sie ausnahmslos alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen erfassen – ganz ohne Verdacht auf einen Geschwindigkeits- oder Rotlicht­verstoß, quasi eine Total­über­wa­chung. Damit soll ein Lkw-Durchfahrtsverbot durch­ge­setzt werden. Doch ist das präventive Blitzen all dieser Fahrzeuge überhaupt rechtens?

Autofahrer unter Generalverdacht: Neue Blitzersäulen in Lüdenscheid erfassen anlasslos alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen
Maren Winter / shutterstock.com

Lüden­scheid rüstet auf

In den letzten Monaten hat die Stadt­ver­waltung von Lüden­scheid fünf neue Blitz­er­säulen an strate­gi­schen Verkehrs­kno­ten­punkten entlang einer Umlei­tungs­strecke der A45 errichten lassen. Seit Anfang September sind sie scharf gestellt. Aller­dings erfassen diese nicht nur Geschwin­dig­keits­über­schrei­tungen, sondern überwachen den Verkehr rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Viele Autofahrer in der Region sollen deshalb in den vergan­genen Wochen irrtümlich geglaubt haben, geblitzt worden zu sein. Dabei wurden sie nur Zeugen einer Verkehrs­über­wa­chungs­praxis, die Daten­schützern Sorgen­falten auf die Stirn treiben dürfte.

Alles über 3,5 Tonnen wird geblitzt

Denn die neuen Blitz­er­säulen erfassen syste­ma­tisch alle vorbei­fah­renden Fahrzeuge mit einem zuläs­sigen Gesamt­ge­wicht von mehr als 3,5 Tonnen, das heißt, jeden Lkw, jedes große Wohnmobil und jeden Bus.

Hinter­grund ist das ab Sommer 2023 geltende Lkw-Durchfahrtsverbot in der Stadt Lüden­scheid auf der Umlei­tungs­strecke der A45. Bisher wurde diese Form der Verkehrs­kon­trolle ausschließlich mit den fünf einge­setzten mobilen Enforcement-Trailern durch­ge­führt. Nun sollen auch stationäre Anlagen zur Überwa­chung des Durch­fahrts­verbots beitragen.

Mehr als 80 Prozent aller Verfahren eingestellt

Im Prinzip funktio­niert das so: Die mit den Blitzer­an­hängern sowie den „Red-and-Speed“ genannten Rotlicht­blitzern erfassten Kennzeichen werden mit einer Liste von 21.000 Fahrzeuge abgeglichen, die über eine Ausnah­me­ge­neh­migung für das Befahren der Ausweich­strecke verfügen. Taucht das Fahrzeug nicht auf der Liste auf, wird ein Bußgeld­ver­fahren eingeleitet.

Seit der Aktivierung der neuen Säulen Anfang September sollen so mehr als 60.000 Fahrzeuge geblitzt worden sein. Mehr als 50.000 dieser Verfahren wurden jedoch inzwi­schen einge­stellt. Lediglich in 3.535 Fällen verhängte die Stadt­ver­waltung ein Bußgeld. Die Einnahmen beliefen sich auf über 450.000 Euro.

Um die Stadt­kasse aufzu­bessern, reichte es offenbar schon, nur einen Bruchteil der Verstöße gegen das Durch­fahrts­verbot zu ahnden. Aller­dings sind es laut Angaben der Stadt eben nur 21.000 Nummern­schilder, die auf der Whitelist stehen und eine Ausnah­me­ge­neh­migung haben.

Fall in Lüden­scheid erinnert an umstrit­tenes „Section Control“

Wie kommt es dann, dass so viele der Bußgeld­ver­fahren einge­stellt wurden? Die Überwa­chungs­praxis in Lüden­scheid erinnert an eine umstrittene Messanlage, die Anfang des Jahres dauerhaft abgeschaltet wurde.

Dem in Hannover aufge­stellten „Section-Control“-Blitzer mangelte es – auch wenn Ordnungs­hüter und Verkehrs­po­li­tiker das ungern hören – an einer daten­schutz­kon­formen Rechts­grundlage. Sogar der Hersteller lehnte deswegen eine technische Nachrüstung des Überwa­chungs­systems ab.

Knack­punkt der „Section-Control“-Technik war das massen­hafte Erfassen aller Kennzeichen. Bereits 2018 erklärte das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt diese Praxis als zumindest teilweise verfas­sungs­widrig (1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10).

Jan Ginhold: „Sensible Daten müssen geschützt werden“

Somit steht auch das jüngste Aufrüs­tungs­projekt zur Verkehrs­über­wa­chung in Lüden­scheid rechtlich gesehen auf wacke­ligen Beinen. Das könnte die hohe Quote der Verfah­rens­ein­stel­lungen erklären. Denn wenn die Nummern­schilder aller Fahrzeuge – wenn auch nur über 3,5 Tonnen – präventiv zur Prüfung erfasst werden, ist die rote Linie des Daten­schutzes wohl bereits überschritten.

Oder in den Worten von Geblitzt.de-Geschäfts­führer Jan Ginhold: „Es darf nicht sein, dass man quasi alle Verkehrs­teil­nehmer unter General­ver­dacht stellt. Sensible Daten müssen geschützt werden.“

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Quelle: come-on.de