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Umstrittene Messanlage in Hannover wird dauerhaft abgeschaltet

Eine mangel­hafte Rechts­grundlage war von Anfang an das Problem. Auch Geblitzt.de hatte sie kriti­siert. Nun lehnt sogar der Hersteller eine technische Nachrüstung ab, da es offenbar immer noch an den gesetz­lichen Voraus­set­zungen mangelt. Die Überwa­chungs­technik, die auf einer kilome­ter­langen Strecke alle Kennzeichen erfassen kann, war in Deutschland erstmalig an der Bundes­straße 6 getestet worden und kostete rund eine Million Euro.

Keine Überraschung: Polizei gibt vorzeitiges Aus für Section-Control-Streckenradar bekannt
Alexander Steamaze / shutterstock.com

Alle Fahrzeug­kenn­zeichen eines Strecken­ab­schnitts wurden erfasst

Das Section-Control-Radar funktio­niert wie folgt: Fahrzeuge werden auf einem bestimmten Strecken­ab­schnitt sowohl bei der Ein- als auch Ausfahrt regis­triert. Mithilfe der Strecken­länge und der benötigten Zeit kann so die Geschwin­digkeit berechnet werden. Liegt diese über dem Tempo­limit, werden Bußgelder, Punkte in Flensburg oder Fahrverbote fällig. Weil bei der Einfahrt noch nicht gewusst werden kann, ob es überhaupt zu einem Verstoß kommt, die Daten zu dem Zeitpunkt aber schon aufge­zeichnet werden, ist das System daten­schutz­rechtlich so umstritten.

Hersteller lehnt erfor­der­liche technische Nachrüstung ab

Wie die Polizei Anfang der Woche mitteilte, ist das System zur massen­haften Überwa­chung ganzer Strecken­ab­schnitte samt Kennzei­chen­daten bereits seit dem 1. Januar nicht mehr in Betrieb.

Neue gesetz­liche Vorgaben bezüglich des Mess- und Eichver­fahrens sowie der verschlüs­selten Daten machen eine technische Nachbes­serung notwendig. Die will der Hersteller des Systems aber nicht mehr vornehmen. Die Kritik am fehlenden Daten­schutz ist zudem nicht neu.

Geblitzt.de-Geschäftsführer Ginhold: „Sensible Daten müssen geschützt werden“

Geblitzt.de-Geschäfts­führer Jan Ginhold hatte bereits vor etwa zwei Jahren vor dem mangel­haften Daten­schutz des Streckenradar-Systems gewarnt: „Es darf nicht sein, dass man quasi alle Verkehrs­teil­nehmer unter General­ver­dacht stellt. Sensible Daten müssen geschützt werden.“

In jüngerer Zeit hatte es noch Pläne zum Ausbau in Form weiterer Geräte gegeben. Mehrere Bundes­länder hatten ebenfalls Interesse an dem Strecken­radar bekundet. Einer Sprecherin zufolge bedaure das nieder­säch­sische Innen­mi­nis­terium die Entscheidung des Herstellers, die Anlage nicht mehr gemäß den Erfor­der­nissen der Behörden nachbessern zu wollen. Die Kosten für den Betrieb der Anlage sollen insgesamt eine Million Euro betragen haben. Eine Summe, die nun in einer unbrauch­baren Überwa­chungs­anlage versandet ist.

Polizei zieht positives Fazit

Dabei war das Fazit der Ordnungs­hüter bezüglich Section Control positiv ausge­fallen. Die Technik habe sich bewährt und allein 2022 konnten rund 1.300 Geschwin­dig­keits­ver­stöße festge­stellt werden. Die Zahl der schweren Unfälle sei reduziert worden.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hatte zudem Hoffnungen auf eine weitere und flächen­de­ckende Nutzung geweckt, indem es Daten­schutz­be­denken eine Absage erteilte (BVerwG, 31.07.2020 - 3 B 4.20).

Frühe Kritik am Datenschutz

Hoffnungen, die nun durch die Absage des Herstellers zerplatzt sind. Auch die damalige Landes­be­auf­tragte für Daten­schutz in Nieder­sachsen, Barbara Thiel, war schon beim Pilot­einsatz der Techno­logie skeptisch über den weiteren Betrieb der Überwa­chungs­technik und empfahl, ihn einzustellen.

Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt erklärte zudem bereits 2018 das automa­tische Erfassen von Kennzeichen zur Verfolgung von Straf­tätern für zumindest teilweise verfas­sungs­widrig (1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10).

Bußgeld­vor­würfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen

Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwalts­kanz­leien zusammen und ermög­licht es Betrof­fenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.

Rechts­schutz­ver­si­che­rungen übernehmen die Kosten eines vollstän­digen Leistungs­spek­trums unserer Partner­kanz­leien. Ohne eine vorhandene Rechts­schutz­ver­si­cherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozess­fi­nan­zierer die Kosten der Prüfung der Bußgeld­vor­würfe und auch die Selbst­be­tei­ligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden einge­stellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.

Quelle: zeit.de