Umstrittene Messanlage in Hannover wird dauerhaft abgeschaltet
Eine mangelhafte Rechtsgrundlage war von Anfang an das Problem. Auch Geblitzt.de hatte sie kritisiert. Nun lehnt sogar der Hersteller eine technische Nachrüstung ab, da es offenbar immer noch an den gesetzlichen Voraussetzungen mangelt. Die Überwachungstechnik, die auf einer kilometerlangen Strecke alle Kennzeichen erfassen kann, war in Deutschland erstmalig an der Bundesstraße 6 getestet worden und kostete rund eine Million Euro.
Alle Fahrzeugkennzeichen eines Streckenabschnitts wurden erfasst
Das Section-Control-Radar funktioniert wie folgt: Fahrzeuge werden auf einem bestimmten Streckenabschnitt sowohl bei der Ein- als auch Ausfahrt registriert. Mithilfe der Streckenlänge und der benötigten Zeit kann so die Geschwindigkeit berechnet werden. Liegt diese über dem Tempolimit, werden Bußgelder, Punkte in Flensburg oder Fahrverbote fällig. Weil bei der Einfahrt noch nicht gewusst werden kann, ob es überhaupt zu einem Verstoß kommt, die Daten zu dem Zeitpunkt aber schon aufgezeichnet werden, ist das System datenschutzrechtlich so umstritten.
Hersteller lehnt erforderliche technische Nachrüstung ab
Wie die Polizei Anfang der Woche mitteilte, ist das System zur massenhaften Überwachung ganzer Streckenabschnitte samt Kennzeichendaten bereits seit dem 1. Januar nicht mehr in Betrieb.
Neue gesetzliche Vorgaben bezüglich des Mess- und Eichverfahrens sowie der verschlüsselten Daten machen eine technische Nachbesserung notwendig. Die will der Hersteller des Systems aber nicht mehr vornehmen. Die Kritik am fehlenden Datenschutz ist zudem nicht neu.
Geblitzt.de-Geschäftsführer Ginhold: „Sensible Daten müssen geschützt werden“
Geblitzt.de-Geschäftsführer Jan Ginhold hatte bereits vor etwa zwei Jahren vor dem mangelhaften Datenschutz des Streckenradar-Systems gewarnt: „Es darf nicht sein, dass man quasi alle Verkehrsteilnehmer unter Generalverdacht stellt. Sensible Daten müssen geschützt werden.“
In jüngerer Zeit hatte es noch Pläne zum Ausbau in Form weiterer Geräte gegeben. Mehrere Bundesländer hatten ebenfalls Interesse an dem Streckenradar bekundet. Einer Sprecherin zufolge bedaure das niedersächsische Innenministerium die Entscheidung des Herstellers, die Anlage nicht mehr gemäß den Erfordernissen der Behörden nachbessern zu wollen. Die Kosten für den Betrieb der Anlage sollen insgesamt eine Million Euro betragen haben. Eine Summe, die nun in einer unbrauchbaren Überwachungsanlage versandet ist.
Polizei zieht positives Fazit
Dabei war das Fazit der Ordnungshüter bezüglich Section Control positiv ausgefallen. Die Technik habe sich bewährt und allein 2022 konnten rund 1.300 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt werden. Die Zahl der schweren Unfälle sei reduziert worden.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte zudem Hoffnungen auf eine weitere und flächendeckende Nutzung geweckt, indem es Datenschutzbedenken eine Absage erteilte (BVerwG, 31.07.2020 - 3 B 4.20).
Frühe Kritik am Datenschutz
Hoffnungen, die nun durch die Absage des Herstellers zerplatzt sind. Auch die damalige Landesbeauftragte für Datenschutz in Niedersachsen, Barbara Thiel, war schon beim Piloteinsatz der Technologie skeptisch über den weiteren Betrieb der Überwachungstechnik und empfahl, ihn einzustellen.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte zudem bereits 2018 das automatische Erfassen von Kennzeichen zur Verfolgung von Straftätern für zumindest teilweise verfassungswidrig (1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10).
Bußgeldvorwürfe stets über Geblitzt.de prüfen lassen
Bei Geblitzt.de arbeitet die CODUKA GmbH eng mit großen Anwaltskanzleien zusammen und ermöglicht es Betroffenen, sich gegen Bußgelder, Punkte und Fahrverbote zu wehren.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten eines vollständigen Leistungsspektrums unserer Partnerkanzleien. Ohne eine vorhandene Rechtsschutzversicherung übernimmt die CODUKA GmbH als Prozessfinanzierer die Kosten der Prüfung der Bußgeldvorwürfe und auch die Selbstbeteiligung Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Täglich erreicht das Geblitzt.de-Team eine Flut von Anfragen. 12 % der betreuten Fälle werden eingestellt, bei weiteren 35 % besteht die Möglichkeit einer Strafreduzierung.
Quelle: zeit.de