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Verkehrs­si­cherheit ist wichtiger als Religionsfreiheit

Weil sich eine Muslimin aus Berlin aufgrund des Verschleie­rungs­verbots beim Autofahren in der Ausübung ihrer Religi­ons­freiheit beein­trächtig sah, zog sie vor Gericht. Zuvor hatte die Frau vergebens versucht, eine Ausnah­me­ge­neh­migung von der Berliner Verkehrs­ver­waltung zu erhalten. Doch die 11. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts (VG) Berlin wies die Klage am vergan­genen Montag mit dem Hinweis auf das Verhül­lungs­verbot im Straßen­verkehr ab (VG 11 K 61/24).

Nach Klage von Autofahrerin: Verwaltungsgericht Berlin lehnt Vollverschleierung im Straßenverkehr ab
H1N1 / shutterstock.com

Kein Recht auf Vollverschleierung

Grund­sätzlich sieht Paragraf 23 der Straßen­ver­kehrs­ver­ordnung (StVO) vor, dass man sein Gesicht als Kraft­fahr­zeug­führer nicht verhüllen oder verdecken darf. Zumindest muss der Fahrer zwecks Identi­fi­kation erkennbar sein. Daher hatte die 33-jährige Muslimin im Januar 2024 einen Ausnah­me­ge­neh­mi­gungs­antrag gestellt.

Wegen ihres musli­mi­schen Glaubens wäre es nicht angemessen, ohne Vollver­schleierung mit Augen­schlitz, auch als Niqab bekannt, vor die Tür zu gehen. Die zuständige Verkehrs­ver­waltung lehnte den Antrag jedoch ab. So wäre es für die Verfol­gungs­be­hörden wie die Polizei bei einer Vollver­schleierung nicht mehr möglich, die Fahrerin anhand eines Blitzer­fotos infolge eines Geschwin­dig­keits­ver­stoßes zu ermitteln. Zudem würde ein Niqab sowohl die Rundum­sicht ihrer Trägerin als auch die nonverbale Kommu­ni­kation zwischen Fahrern beeinträchtigen.

15 Beweis­an­träge

Die Klägerin Nancy A. hatte mit ihrem Anwalt darauf verwiesen, dass sie ihr Auto dringend benötige, sowohl für ihren Arbeitsweg von Lichtenberg nach Marien­felde als auch für die Versorgung ihrer drei kleinen Kinder.

Darüber hinaus wäre sie bereits mehrfach geblitzt worden und hätte in der Folge auch Bußgeld­be­scheide erhalten. Ihr Anwalt führte zudem die Argumen­tation ins Feld, dass Motor­rad­fahrer aufgrund ihrer Helmpflicht auch nicht zu identi­fi­zieren wären. Mithilfe von insgesamt 15 Beweis­an­trägen samt Sachver­stän­di­gen­gut­achten wollte der Vertei­diger die Richter überzeugen.

So schlug der Anwalt vor, dass eine Richterin in einer Testum­gebung selbst auspro­bieren solle, ob das Tragen eines Niqab beim Autofahren die Sicht einschränkt. Auch wurde argumen­tiert, dass eine Vollver­schleierte sehr wohl anhand ihrer Augen­partie ermittelt werden könnte. Würde man jedoch davon ausgehen, dass die Blitzer­fotos nicht eindeutig wären, gälte das auch für eineiige Zwillinge.

Ein Niqab im Waffenschrank

Als Alter­native führte der Vertei­diger die Einführung eines Niqab mit fälschungs­si­cherem QR-Code an, der beim Blitzen ausge­lesen werden könnte. Auf den Einwand der Richterin, dass man dennoch nicht wisse, wer die Vollver­schleierung getragen habe, erwiderte der Anwalt, der Niqab könne ja Zuhause in einem Waffen­schrank sicher verwahrt werden.

Verwal­tungs­ge­richt bleibt bishe­riger Linie treu

Doch wie bereits die Oberver­wal­tungs­ge­richte (OVG) von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in ähnlichen Fällen, wiesen auch hier die Richter alle Beweis­an­träge ab. So müsse die Religi­ons­freiheit hinter das Verhül­lungs­verbot zurück­treten. In einer Presse­mit­teilung vom 27. Januar 2025 begründet das Verwal­tungs­ge­richt Berlin die Klage­ab­weisung wie folgt:

„Das Verhül­lungs­verbot gewähr­leiste eine effektive Verfolgung von Rechts­ver­stößen im Straßen­verkehr, indem es die Identi­fi­kation der Verkehrs­teil­nehmer ermög­liche, etwa im Rahmen von automa­ti­sierten Verkehrs­kon­trollen. Es diene zudem dem Schutz der körper­lichen Unver­sehrtheit und des Eigentums Dritter, weil Kraft­fahr­zeug­führer, die damit rechnen müssten, bei Regel­ver­stößen heran­ge­zogen zu werden, sich eher verkehrs­ge­recht verhalten würden als nicht ermit­telbare Autofahrer.“

Finan­zierung von fragwür­diger Seite

Klagen wie diese werden bundesweit häufig durch den Föderale Islamische Union e.V. (FIU) in Hannover finan­ziert. Vereins­prä­sident Dennis Rathkamp zieht in diesem Fall sogar in Erwägung, bis vor das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) zu ziehen. Der von Salafisten gegründete Verein wird schon seit längerem vom nieder­säch­si­schen Verfas­sungs­schutz kritisch beäugt.

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Quellen: Verwal­tungs­ge­richt Berlin, berliner-zeitung.de