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Der Albtraum vieler E-Auto-Fahrer: Die Fahrt auf der Autobahn endet plötzlich mangels Stroms. Dieses Szenario ist Wasser auf den Mühlen der Kritiker, die stets damit argumen­tieren, dass die Reich­weite nicht groß genug wäre. Auch die zu lange Dauer der Ladevor­gänge wird häufig moniert. Das Verkehrs­mi­nis­terium wollte das verbessern und vergab den Auftrag für schnellere Ladestellen an den größten Betreiber von Autobahn­rast­stätten „Tank & Rast“. Mitbe­werber fühlten sich benach­teiligt und streiten vor Gericht. Der Ausbau der Schnell­la­de­infra­struktur ist somit vorerst gestoppt.

Streit um die Vergabe von Schnellladestellen an Autobahnen bremst Elektromobilität aus
Scharfsinn / shutterstock.com

Deutschland braucht mehr Schnellladestationen

Elektro­autos können eine klima­freund­liche Alter­native zu den herkömm­lichen Autos darstellen. Hierbei wird anstelle von fossilen Brenn­stoffen Strom als Kraft­stoff für den Motor des Autos genutzt. E-Autos von Herstellern wie Tesla oder Jaguar sieht man immer häufiger auf den deutschen Straßen. Um noch mehr Autos auf die Straße zu bringen, gehört auch der Ausbau der entspre­chenden Infra­struktur dazu. Dabei sind besonders auf Autobahnen sogenannte „Schnell­la­de­station“ wichtig. Bei einer Schnell­la­de­station handelt es sich um eine Einrichtung, an der Batterien von Elektro­autos ‚aufge­tankt‘ werden können. Im Vergleich zu normalen Ladesäulen, wo eine volle Ladung etwa zwei bis sechs Stunden dauert, muss bei einer Schnell­la­de­säule das Auto nur 30 bis 60 Minuten angeschlossen sein. Diese sind in unserem nieder­län­di­schen Nachbarland an so gut wie jeder Tankstelle und Raststätte bereits vorhanden. Deutschland hinkt dabei hinterher.

Deshalb wurde 2021 ein neues Schnell­la­de­gesetz (SchnellLG) erlassen, um den Ausbau einer Schnell­la­de­infra­struktur in ganz Deutschland zu ermög­lichen und zu beschleunigen.

Tank & Rast soll schnellere Ladesta­tionen aufstellen

Etwa 90 Prozent aller deutschen Autobahn­rast­stätten werden von der Autobahn Tank & Rast GmbH & Co. KG betrieben. Legal Tribune Online erläutert: „Grundlage sind Ende der 1990er Jahre geschlossene Konzes­si­ons­ver­träge mit dem Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium. Damals hieß das Unter­nehmen aber noch "Gesell­schaft für Neben­be­triebe der Bundes­au­to­bahnen" und gehörte dem Bund selbst. Dieser vergab inhouse von 1996 bis 1998 Konzes­si­ons­ver­träge für Raststätten und Tankstellen an diese bundes­eigene Gesell­schaft, die 1998 priva­ti­siert wurde und seitdem Tank & Rast heißt“.

Diese Konzes­si­ons­ver­träge haben heute noch Bestand. Somit lag die Entscheidung nahe, dass Tank & Rast auch für den Ausbau der Schnell­la­de­infra­struktur verant­wortlich sein sollte. So wurden die Verträge entspre­chend ergänzt. Denn sowohl Tank & Rast und die Bundes­re­gierung sind der Auffassung, dass die Konzes­si­ons­ver­träge im Nachhinein angepasst werden können. Schließlich konnten sie beim Abschluss nicht wissen, dass eine Ladeinfra­struktur für E-Autos erfor­derlich sein wird. Die Firma soll nun Schnell­la­de­station errichten und auch betreiben.

Was sagt das SchnellLG dazu

Das Schnell­la­de­gesetz (SchnellLG) schreibt das auch im § 5 Absatz 3 vor:

„Soweit die Bereit­stellung von Schnell­la­de­infra­struktur nach Absatz 1 nicht bereits Inhalt des nach § 15 Absatz 2 Satz 2 des Bundes­fern­stra­ßen­ge­setzes abgeschlos­senen Konzes­si­ons­ver­trages ist, bietet die Gesell­schaft privaten Rechts nach § 1 des Infra­struk­tur­ge­sell­schafts­er­rich­tungs­ge­setzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122, 3141), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1528) geändert worden ist, dem Inhaber einer Konzession zum Betrieb eines Neben­be­triebs mit Tankstelle unter Berück­sich­tigung der Gewinn­aus­sichten die eigen­wirt­schaft­liche Übernahme von Errichtung, Unter­haltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnell­la­de­punkte an.“

Somit gab es kein EU-weites und öffent­liches Verga­be­ver­fahren, welches in der Regel bei solchen Projekten statt­finden müsste. Andere Anbieter von Schnell­la­de­station sehen hier einen Verstoß gegen EU-Richtlinien.

Konkurrenz verlangt ein Nachprüfungsverfahren

Nicht nur bei Unter­nehmen wie Fastned oder Tesla ist das Interesse an der Betei­ligung an der Instal­lation der Schnell­la­de­infra­struktur in Deutschland groß. Die Bekanntgabe der Vergabe an Tank & Rast sorgte somit für Unmut bei den Mitbe­werbern. Stern berichtet: „Tesla und Fastned leiteten daraufhin im Mai 2022 ein Nachprü­fungs­ver­fahren bei der Verga­be­kammer des Bundes­kar­tell­amtes ein. Aber die Verga­be­kammer wies den einen Monat später zurück“. Denn die Kammer sei der Auffassung, dass die vorhe­rigen Konzes­si­ons­ver­träge den Ausbau der Schnell­la­de­sta­tionen bereits umfassten.

Wider­spruch beim OLG eingereicht

Gegen die Entscheidung der Verga­be­kammer legen verschiedene Anbieter von Schnell­la­de­sta­tionen Beschwerde beim Verga­besenat am Oberlan­des­ge­richt Düsseldorf (OLG) ein. Legal Tribune Online berichtet: „Der Senat entschied nun, dass die folgende Frage dem Gerichtshof der Europäi­schen Union (EuGH) vorgelegt werden müsse: ‚Ist Art. 27 Abs. 1 Buchst. c) der Richt­linie 2014/24/EU dahin­gehend auszu­legen, dass in seinen Anwen­dungs­be­reich auch solche öffent­lichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwen­dungs­be­reichs der Richt­linie 2014/24/EU an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraus­set­zungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertrags­än­derung nicht mehr vorliegen?‘“.

Die Richt­linie 2014/24/EU betrifft genau die Vergabe von öffent­lichen Aufträgen.

Entscheidung des EuGH steht noch aus

Bis zu einer Entscheidung des EuGH muss der Ausbau der Schnell­la­de­infra­struktur warten. Dabei war im SchnellLG der Bau von 1000 neuen Schnell­la­de­sta­tionen bis 2023 vorge­sehen. Eine öffent­liche Vergabe würde der Konkurrenz erlauben, bei der Instal­lation mitzu­mi­schen. Somit würde auch verhindert werden, dass Tank & Rast ein Monopol für den Betrieb der Ladesta­tionen hätte. Oftmals wird genau dieser Punkt kriti­siert. Denn die Wettbe­werbs­mög­lich­keiten aller Betei­ligten an dem Geschäft sollten ausge­glichen sein. Ob die Richter des EuGH der Anpassung der Konzession zustimmen, steht noch aus. Wenn ja, würde Tank & Rast etwa 90 Prozent aller Schnell­la­de­sta­tionen an deutschen Autobahnen betreiben.

Bis zu dem Urteil des EuGH, müssen die meisten E-Auto-Fahrer weiterhin mit den oftmals langsa­meren Ladesta­tionen auskommen.

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Quellen: lto.de, stern.de