Wer eine Überwachungskamera vor seinem Haus anbringt, muss sich überlegen: Ist das überhaupt erlaubt? In den Automodellen von Tesla ist die Funktion quasi eingebaut. Darüber ist unter Datenschutzexperten eine hitzige Diskussion entbrannt. Für welche Videoaufnahmen gibt es ein berechtigtes Interesse und welche sind nicht erlaubt? Keiner weiß wann und für welchen Zweck tatsächlich die Kameras aktiv sind.
Teslas Kamerafunktionen
Tesla-Fahrzeuge verfügen über eine ganze Reihe von Kameras: Neben Videokameras zu Innenraum- und Fahrerüberwachung haben einige Modelle des US-Autoherstellers, eine Dashcam und eine Außenkamera für den sogenannten „Sentry Mode“. Bei der Dashcam handelt es sich um eine kleine Kamera, die oft am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe eines Fahrzeuges befestigt wird. Bei den neueren Tesla-Modellen müssen Fahrzeughalter diese nicht mehr selbst anbringen, da sie bereits vorinstalliert ist. Laut Sebastian Schmidt, dem Landesbeauftragten für Datenschutz in Mecklenburg-Vorpommern, filmen diese Kameras permanent das Fahrzeugumfeld und speichern die entsprechenden Daten für vermeintliche Beweissicherungszwecke.
Im „Sentry Mode“ – auf Deutsch „Wächtermodus“ – kann das Umfeld des Fahrzeuges unter Umständen kontinuierlich erfasst werden, wird es aber in der Regel nicht. Erst wenn ein Fahrzeug oder eine Person sich einem geparkten Tesla auf wenige Zentimeter nähert, findet die Verarbeitung der Videoaufnahme statt.
Was sagen Datenschützer zum Tesla?
Nach Ansicht des Landesbeauftragten ist der Einsatz solcher Kameras jedoch nicht mit deutschem Recht vereinbar. In einer Mitteilung zu diesem Thema heißt es: „Eine solche permanente und damit anlasslose Fertigung von Videoaufnahmen im öffentlichen Straßenverkehr ist grundsätzlich unzulässig.“ Und: „Das Sammeln von Beweismitteln für einen hypothetischen Unfall reicht als ‚berechtigtes Interesse‘ für die Nutzung derartiger Kameras und das Verarbeiten personenbezogener Daten nicht aus.“
Dabei wägen die Datenschützer ab zwischen dem Beweissicherungsinteresse des Einzelnen (des Fahrzeughalters) und dem informellen Selbstbestimmungsrecht einer Vielzahl von Verkehrsteilnehmern, wie etwa Fahrradfahrern und anderen Autofahrern, die aufgenommen werden können. Zudem beziehen sie sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) (Urteil vom 15.05.2018, Az, VI ZR 233/17, Rn. 26). Demzufolge wäre nur eine „kurzzeitige und anlassbezogene Aufzeichnung“ zulässig.
Tesla-Kamera kann nur unter diesen Bedingungen genutzt werden
Ein datenschutzkonformer Einsatz von Kameras ist daher nur dann möglich, wenn folgende Bedingungen gegeben sind:
- Es muss ein Ringspeichersystem vorhanden sein, das vorhandene Daten unmittelbar überschreibt und damit löscht.
- Der Speicherzyklus darf nur ungefähr ein bis zwei Minuten lang sein.
Letzteres wird von den Datenschützern als zulässig erachtet, weil „es für die Dokumentation eines Unfallhergangs ausreichend ist, einen Zeitraum von ca. 30 Sekunden bis eine Minute vor und ca. 30 Sekunden bis eine Minute nach dem Unfallereignis zu speichern“.
Einige Tesla-Modelle, verfügen bereits über ein Ringspeichersystem. Allerdings ist das Zeitfenster manuell verstellbar und kann daher die ein bis zwei Minuten Vorgabe überschreiten.
Ist der Wächtermodus grundsätzlich verboten?
Im Wächtermodus könne das Umfeld des Fahrzeuges ständig gefilmt werden, so die Datenschützer. Dafür muss zuvor ein USB-Stick im Fahrzeuginneren eingesteckt sein. Ist dies der Fall, wird die Aufnahme aktiviert, sobald das Tesla-Erkennungssystem eine für den Sentry Mode relevante Bewegung erkennt. Das Magazin Focus weist darauf hin, dass: „Tesla-Fahrer […] zudem über ihre Smartphone-App die Wächter-Kameras aktivieren und so auch anlasslos die Umgebung des Fahrzeuges filmen [können].“
Daher sieht auch hier der Landesbeauftragte ein Problem. Grundsätzlich fehle oft bereits ein konkreter Anlass für den Einsatz des Wächtermodus. Dazu kommt, dass „die Umgebung ab Aktivierung für einen Zeitraum von mehreren Minuten mitsamt unbeteiligter Passanten und gegebenenfalls weiter personenbezogener Daten (wie z.B. Kfz-Kennzeichen) gefilmt und die Aufzeichnungen gespeichert [werden]“, so Schmidt.
Datenschutz-Kanzlei ist anderer Meinung
Manche Datenschutzbeauftragte jedoch sehen das Problem nicht so eindeutig und hinterfragen, wieso die Interessen der Tesla-Fahrer nicht berücksichtigt werden. So auch Kemal Webersohn, der als Auditor für eine Datenschutz-Kanzlei tätig ist: „Nach Art. 6 Abs.1 S.1 lit.f) DSGVO [Datenschutz-Grundverordnung] ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen erforderlich ist und Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.“
Hinzu käme, dass das Videomaterial nicht im Fahrzeug selbst gespeichert werde, sondern auf dem USB-Stick, der sowohl die Dashcam als auch die Außenkamera aktiviert. An Tesla würden die Daten auch nicht weitergeben.
Aufgenommenes Videomaterial kann unter Umständen als Beweismittel verwertet werden
Auch die Tatsache, dass einige Gerichte nicht datenschutzkonformes Dashcam-Material als Beweismittel zulassen, ändere laut Schmidt nichts an der Einschätzung des BGH: „Die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit und die Frage der prozessualen Verwertbarkeit sind zwei getrennte Fragen.“ Allein die Richter können entscheiden, ob Videomaterial im Prozess verwendet wird oder nicht.
Drohen Tesla-Fahrern Strafen?
In der Vergangenheit wurden immer wieder Bußgeldverfahren gegen Tesla-Fahrer wegen Verwendung der Dashcam und des Wächtermodus, eingeleitet. Eine konkrete Rechtsprechung steht allerdings noch aus. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, deaktiviert den Sentry-Mode, indem er entweder den USB-Stick nicht verwendet oder manuell ausschaltet. Darüber hinaus sollten Fahrzeughalter sicherstellen, dass die Dashcam nur anlassbezogen filmt und Aufnahmen nach ein bis maximal zwei Minuten gelöscht werden.
Wichtig zu wissen: Das Veröffentlichen des Videomaterials im Internet oder anderweitig ist strengstens untersagt. Bei einem Verstoß können Kläger unter anderem auf Folgendes Anspruch haben:
- Unterlassung
- Geldentschädigung
- Auskunft über die Veröffentlichung
- Schadenersatz
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Quellen: focus.de, webersohnundscholz.de, datenschutz-mv.de