Begegnen sich Autofahrer und Radfahrer in einer Einbahnstraße, kommt es häufig zum Konflikt. Insbesondere dann, wenn Fahrradfahrer entgegen der vorgegebenen Fahrtrichtung unterwegs sind. Da wird schon mal das Fahrerfenster heruntergekurbelt und der vermeintliche Geisterfahrer direkt darauf angesprochen. Das sei hier nicht erlaubt. Doch stimmt das so?
Woran erkennt man eine Einbahnstraße?
Eine Einbahnstraße erkennt man in der Regel daran, dass am Anfang der Strecke ein entsprechendes blaues Richtzeichen angebracht ist. Will man vom anderen Ende die Straße befahren, trifft man auf ein rotes „Einfahrt verboten“-Schild. Die Einfahrt ist somit untersagt. Hat man diese Verkehrszeichen übersehen, kann man unter anderem auch anhand der geparkten Autos einen solchen Straßenabschnitt ausmachen. Stehen die Fahrzeuge auf beide Seiten der Straße in derselben Richtung kann man davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Einbahnstraße handelt.
Mythos: Einbahnstraßen gelten nicht für Fahrradfahrer
Seit etwa 20 Jahren können Einbahnstraßen für Radfahrer in beide Richtungen freigegeben werden. Allerdings unterliegen einige Radler dem fatalen Irrglauben: Das „Einfahrt verboten“-Zeichen gilt für sie nicht. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Tatsächlich ist die Straße erst von beiden Seiten für Fahrradfahrer befahrbar, wenn unter dem roten Verbotsschild ein entsprechendes Zusatzzeichen vorhanden ist. Auf dem weißen Zeichen ist ein Fahrrad-Symbol abgebildet und darunter die Aufschrift „frei“.
Am Eingang der Einbahnstraße befindet sich in der Regel dann auch ein weißes Zusatzschild, auf dem ein schwarzes Rad-Symbol und darunter zwei schwarze horizontale Pfeile abgebildet sind. Der eine zeigt nach links und der andere nach rechts. Dies soll Kraftfahrzeugführer davor warnen, dass es womöglich Gegenverkehr gibt.
Städte können Einbahnstraßen für Radler freigeben
Wann eine Einbahnstraße für Radler freigegeben wird, entscheiden die Städte selbst. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 30 km/h
- Die Fahrbahnbreite ist groß genug, sodass auch bei Gegenverkehr unter anderem Lkws und Busse durchfahren können
- Eine übersichtliche Verkehrsführung entlang des gesamten Abschnittes und an Kreuzungen ist vorhanden.
- Ein entsprechender Schutzraum für den Radverkehr wurde, wo nötig, angelegt
Sind die oben genannten Punkte gegeben, steht der Freigabe nichts mehr im Weg. Dies soll, Radfahrern Umwege ersparen und die Leute fürs Fahrradfahren begeistern.
Gilt das Zusatzzeichen auch für E-Bikes, Pedelecs oder E-Scooter?
Für E-Bike-Fahrer gilt das Zusatzzeichen „Rad frei“ nicht. So dürfen sie, genauso wie die restlichen Verkehrsteilnehmer, nur in eine Richtung fahren. Ist man jedoch mit einem E-Scooter oder Pedelec unterwegs, ist die Einfahrt von beiden Seiten erlaubt. Letzteres darf aber nicht in der Lage sein, schneller als 25 km/h zu fahren. In Anlage 2 Nummer 41.1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es dazu:
„Durch das Zusatzzeichen […] ist die Einfahrt für den Radverkehr und Elektrokleinstfahrzeuge […] zugelassen.“
Was genau mit einem Elektrokleinstfahrzeug gemeint ist, erfahren Sie hier.
Wichtig zu wissen: Auch in der Einbahnstraße gilt die Rechts-vor-Links Regel. Es sei denn, es sind Vorfahrt-gebende Schilder vorhanden. Diese müssen von allen Verkehrsteilnehmern befolgt werden.
Zudem müssen sich Fahrradfahrer, wenn sie entgegen der Fahrtrichtung fahren, stets rechts halten und bei engen Abschnitten aufgrund von parkenden Autos besonders aufmerksam sein. Denn Autofahrern ist es in der Regel erlaubt, auf beiden Seiten in Fahrtrichtung zu parken. Im Zweifelsfall sollte man lieber anhalten oder sogar vom Rad steigen. Der sicherste Weg ein Hindernis zu umgehen, ist es, den Drahtesel an der Gefahrenstelle vorbeizuschieben.
Welche Strafen drohen?
Wer in eine nicht explizit dafür gekennzeichnete Einbahnstraße entgegen der Fahrtrichtung radelt, muss mit folgenden Bußgeldern rechnen:
- Mit Fahrrad entgegen der Fahrtrichtung gefahren: 20 Euro Bußgeld
- … mit Behinderung: 25 Euro Bußgeld
- … mit Gefährdung: 30 Euro Bußgeld
- … mit Unfall: 35 Euro Bußgeld
Werden Fahrradverstöße geahndet?
Ob es allerdings überhaupt zu einem Bußgeldverfahren kommt, ist fraglich. Dafür müssten Beamte an Ort und Stelle den vermeintlichen Geisterfahrer erwischen. Sogar wenn ein Blitzer oder ein anderes Messgerät die Ordnungswidrigkeit aufnehmen könnte, gibt es keine Kennzeichen-Pflicht für Radler. Sollte der Fahrradfahrer auch noch einen Helm tragen, ist es schwer, die Identität des Verkehrssünders auszumachen. Somit gibt es kaum Anhaltspunkte, anhand derer Ordnungshüter den Fahrer ermitteln können. Daher ist die nachträgliche Ahndung solcher Verstöße zurzeit nur schwer möglich.
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Quellen: adac.de, dejure.org, merkur.de