Messverfahren auf dem Prüfstand
Um bei Geschwindigkeitsmessungen möglichst genau zu sein und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer durch Unfallprävention zu erhöhen, werden regelmäßig neue Messverfahren entwickelt. Eine davon ist die der Abschnittskontrolle – auch Section Control genannt. Wie diese funktioniert, wo sie bereits eingesetzt wird und was ihre Vor- und Nachteile sind, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Funktionsweise der Section Control
Bei der Abschnittskontrolle wird ein Streckenabschnitt festgelegt, bei dem das passierende Fahrzeug samt Kennzeichen am Anfang und Ende des Weges von einer Kamera erfasst wird. Anhand des Zeitabstandes zwischen den beiden Kontrollpunkten wird die Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrzeugs ermittelt. Wenn diese höher ist als das auf dieser Strecke bzw. als das für das Fahrzeug gültige Tempolimit, wird zusätzlich der Fahrer fotografiert. Die entsprechenden Daten werden anschließend zur Erstellung eines Bußgeldbescheides an die Behörden weitergeleitet. In anderen Ländern sind bereits mehrere Section Control Messgeräte wie das SPECS3 VECTOR von Jenoptik und das POLISCAN SECO von Vitronic im Einsatz. In Deutschland hingegen findet bisher ausschließlich die Produktreihe TraffiSection (ebenfalls Jenoptik) Verwendung, da die Abschnittskontrolle hierzulande bislang nur auf einem Streckenabschnitt der Bundesstraße 6 als Pilotprojekt im Einsatz ist.
Vorteile & Nachteile der Abschnittkontrolle
Die Messung mittels Section Control hat wie jedes Messverfahren sowohl positive als auch negative Eigenschaften. Positiv, im Sinne des Autofahrers, ist sicherlich hervorzuheben, dass Bußgeldvorwürfe erst bei einer längeren Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zum Tragen kommen – schließlich handelt es sich bei der Erfassung des Fahrzeugs nicht um den einen kurzen Moment, sondern um die Auswertung der Geschwindigkeit über eine längere Strecke. Diese Methode schwächt auch die häufig vorgebrachte generelle Kritik an Momentaufnahmen von Blitzern, dass ein kurzfristiges sogenanntes „Augenblickversagen“ oder ein verdecktes Schild gleich zu unverhältnismäßig harten Sanktionen wie einem Fahrverbot führen kann. Jedem Verkehrsteilnehmer wird recht schnell auffallen, dass er schneller als der Rest unterwegs ist und seine Geschwindigkeit anpassen. Die dann ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit wird dann wahrscheinlich keine oder nur eine geringe Sanktion nach sich ziehen.
Darüber hinaus verringert eine Abschnittskontrolle die Unfallgefahr dadurch, dass Verkehrsteilnehmer nicht – wie häufig zu lesen –, dazu verleitet werden, bei Sichtung eines Blitzers abrupt zu bremsen. Auch ist der Anreiz sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten von längerer Dauer, da nicht gleich nach Passieren eines Blitzgeräts wieder „gefahrlos“ auf das Gaspedal getreten werden kann.
Auch werden Messfehler im Vergleich zu vielen herkömmlichen Blitzern nachweisbar minimiert. So entfallen zum Beispiel Probleme, die sonst ein Spurwechsel des gerade gemessenen Fahrzeugs verursachen kann. Durch die daraus resultierende Änderung des Messwinkels sind fehlerhafte Messwerte oftmals die Folge. Das wiederum kann bei Section Control nicht vorkommen, da – wie oben geschildert – keine klassische Messung an sich, sondern lediglich eine Ermittlung der Durchschnittsgeschwindigkeit mit Hilfe von zwei Kontrollpunkten stattfindet.
Darüber hinaus kann bei einer Section-Control-Messung automatisch zwischen Pkw, Pkw mit Anhänger und Lkw unterschieden werden. Das ist von Vorteil, weil unterschiedliche Fahrzeugtypen oft verschiedenen zulässigen Höchstgeschwindigkeiten unterliegen und damit die Anzahl der gespeicherten und zu bearbeitenden Vorgänge automatisch auf die relevanten Fälle reduziert wird. Und die möglichen Nachteile von Section Control? Diese liegen in einem ganz anderen Bereich, dem wir uns im nächsten Abschnitt widmen.
Die Sache mit dem Datenschutz
Von Beginn an hatte es Section Control in Deutschland nicht leicht. Während das Messverfahren zum Beispiel in Österreich, der Schweiz und Großbritannien relativ reibungslos eingeführt wurde, gab es hierzulande zahlreiche Widerstände. Hauptkritikpunkt war und ist, dass die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Autos gespeichert werden, wenn auch nur kurzfristig, verschlüsselt und anonymisiert.
In der Praxis erfolgte im Dezember 2018 der bundesweit erste Testlauf an der Bundesstraße 6 bei Laatzen. Doch dem darauf im Januar 2019 folgenden Pilotprojekt wurde vom Verwaltungsgericht in Hannover schon im März 2019 die Rechtsgrundlage abgesprochen (Az. 7 A 850/19). Ein ortsansässiger Anwalt hatte gegen das Erfassen aller Kennzeichen auf dem Streckenabschnitt geklagt. Laut Gericht sei die kurzzeitige Datenspeicherung durch Section Control ein Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung der Bürger.
Bei der Entscheidung der Richter floss auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Oktober 2018 mit ein. Dieses beinhaltete, dass das automatische Erfassen von Nummernschildern zwecks Fahndung nach Straftätern in Teilen verfassungswidrig sei (1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10). Allerdings erklärte im November 2019 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg die Abschnittkontrolle, auch vor dem Hintergrund des in der Zwischenzeit angepassten niedersächsischen Polizeigesetzes, schließlich doch für rechtmäßig (Az 12 LC 79/19). Mittlerweile ist die Anlage wieder in Betrieb und eine mögliche Blaupause für weitere Bundesländer.
Auch wenn Messungen mittels Section Control einige Vorteile bieten, hat die Problematik in Bezug auf den Datenschutz weiterhin Bestand.
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