• Lesedauer:6 min Lesezeit

Es gibt kaum ein Thema, das so umstritten ist, wie die Einführung eines Tempo­limits auf deutschen Autobahnen. Die Befür­worter versprechen sich mehr Sicherheit und einen Beitrag zum Umwelt­schutz. Gegner hingegen sehen darin einen Eingriff in ihre Freiheits­rechte. Weil Fakten auf Emotionen treffen, wird die Diskussion entspre­chend hitzig geführt. Grund dafür sei auch eine „gewollte“ Forschungslücke.

Tempolimit auf deutschen Autobahnen: Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht - 130 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung
Herr Loeffler / shutterstock.com

Die Sache mit Tempo­limits in Deutschland

Deutschland ist das einzige Land in der ganzen Europäi­schen Union, in dem es kein Tempo­limit auf der Autobahn gibt. Einschrän­kungen bei der Höchst­ge­schwin­digkeit müssen deshalb in der Regel begründet sein, wie das etwa im Verlauf von Baustellen, an Unfall­schwer­punkten oder aus Lärmschutz­gründen auch regel­mäßig der Fall ist. Aufgrund dessen sind bundesweit etwa 30 Prozent des Autobahn­netzes dauerhaft oder zeitweise geschwin­dig­keits­be­schränkt. Auf den restlichen Abschnitten dürfen Autofahrer grund­sätzlich mit Vollgas fahren. Diese Praxis soll aber ein Ende haben.

Unter­stützer des allge­meinen Tempo­limits plädieren häufig für eine Grenze von 130 km/h und Klima­ak­ti­visten der Gruppe „Letzte Generation“ fordern sogar nur 100 km/h. Einige EU-Länder tendieren dagegen in eine andere Richtung. So meldet der Merkur, dass Italien und Tsche­chien darüber nachdenken, die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit auf 150 km/h zu erhöhen. Zurzeit gilt dort noch ein Tempo von maximal 130 km/h.

Tempo­limit wird wieder aufgehoben

Dass Tempo­limits an Gefah­ren­stellen notwendig sind und auch zu positiven Resul­taten führen können, zeigt ein Abschnitt der Autobahn A24. Dieser befindet sich in unmit­tel­barer Nähe des Ortes Walsleben in Brandenburg. Dort wurde aufgrund von sehr hohem Unfall­ge­schehen mit Todes­folge bereits 2003 die Höchst­ge­schwin­digkeit auf 130 km/h begrenzt.

Im März 2023 wurde diese Entscheidung aller­dings von der zustän­digen Autobahn GmbH aufge­hoben. Der Grund: Die Anzahl an Unfällen ist drastisch gesunken. Offenbar ist damit auch die Rechts­grundlage für die Geschwin­dig­keits­be­grenzung an dieser Stelle wegge­fallen. Für die Anwohner, die teilweise keine 100 Meter von der Gefah­renzone wohnen, ist es ein Schlag ins Gesicht und vor allem nicht nachvollziehbar.

Für Bürger unlogisch 

Eine Ortsan­sässige, Maike R., erinnert sich im Gespräch mit dem ZDF an die Zeit vor der Sicher­heits­maß­nahme: „Ich war früher selbst in der Feuerwehr, wir hatten wirklich schlimme Einsätze.“ Ihre Befürch­tungen für die Zukunft versprechen nichts Gutes: „Ich gehe fest davon aus, dass die Unfall­zahlen wieder steigen werden.“

Auch bei Lokal­po­li­tikern trifft die Aufhebung der Geschwin­dig­keits­be­grenzung auf Unver­ständnis. So kriti­siert Bürger­meister Burghard Gammelin: „Die Einführung des Tempo­limits hat ja gewirkt. Es gab weniger Unfälle.“ Weiter sagt er: „Dass eine wirkungs­volle Maßnahme wieder aufge­hoben wird, ist für mich völlig unlogisch.“

Für die Politik vollkommen logisch

Verkehrs­mi­nister Volker Wissing ist jedoch der Meinung: Dort, wo es keine Gefahren gibt, brauche es kein Tempo­limit. Denn auch die Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) sieht in der Regel keine Geschwin­dig­keits­be­grenzung auf der Autobahn vor.

Bereits Anfang des Jahres hat Wissing seinen Stand­punkt gegenüber der Bild zur Einführung einer allge­meinen Geschwin­dig­keits­be­grenzung deutlich gemacht. Wie schnell ein Kraft­fahr­zeug­führer unterwegs ist, lege in der Verant­wortung des Einzelnen und sei nicht etwa durch eine politische Entscheidung durchzusetzen.

Hinzu­kommt, dass der Vergleich von Sicher­heits­ni­veaus von Ländern mit Geschwin­dig­keits­be­grenzung auf der Autobahn und Deutsch­lands, keinen direkten Zusam­menhang darlegen könne. Hierzu­lande lag dieser laut den jüngsten Infor­ma­tionen aus 2020 bei 1,48 Toten pro eine Milliarde Fahrzeug­ki­lo­meter. Ein Bericht des ADAC macht die Zahlen vergleichbar. Der ADAC berichtet darüber und vergleicht die Zahlen:

  • Frank­reich (130 km/h*): 1,56 Tote pro eine Milliarde Fahrzeugkilometer
  • Tsche­chien (130 km/h*): 2,53 Tote pro eine Milliarde Fahrzeugkilometer
  • Öster­reich (130 km/h*): 1,28 Tote pro eine Milliarde Fahrzeugkilometer
  • Schweiz (120 km/h*): 0,85 Tote pro eine Milliarde Fahrzeugkilometer

*Zurzeit geltende Höchst­ge­schwin­digkeit auf Autobahnen im jewei­ligen Land.

Umweltbundesamt-Studie wird hinterfragt

Nicht nur die Verkehrs­si­cherheit könnte womöglich von einer bundes­weiten Geschwin­dig­keits­be­schränkung profi­tieren. Die daraus resul­tie­renden CO₂-Emission-Ersparnisse rücken immer häufiger in den Vorder­grund. Zu diesem Thema hat das Umwelt­bun­desamt (UBA) Januar 2023 eine Studie veröf­fent­licht. Demzu­folge könnten durch ein grund­sätz­liches Tempo­limit von 120 km/h etwa 6,7 Millionen Tonnen CO₂ einge­spart werden. Zuvor ging man nur von 2,7 Millionen Tonnen aus.

Dieses Ergebnis stellte die FDP, in der auch der jetzige Verkehrs­mi­nister Mitglied ist, infrage und beauf­tragte die Forscher Alexander Eisenkopf und Andreas Knorr, die genannte Unter­su­chung zu überprüfen. Im Gegensatz zum UBA kamen sie zu dem Schluss, dass die jährliche Einsparung tatsächlich nur 1,1 Millionen Tonnen betragen würde. Auch diese Zahl wird wiederum angezweifelt. Bei dem Streit dreht man sich im Kreis.

Keine eigene Studie des Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­riums seit den 70er-Jahre

Nach Angaben des ZDF hat das gegen­wärtig FDP geführte Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium seit 1970 keine eigene Studie zu den Auswir­kungen von Tempo­limits auf deutschen Autobahnen in Auftrag gegeben. Ob es so gewollt ist, weil die Resultate womöglich nicht deren Vorstel­lungen entsprechen würden? Diese Frage wirft der Ökonom Prof. Christian Traxler von der Berliner Hertie School in den Raum. Er spricht von einer gewollten Forschungs­lücke und sagt: „Die Datenlage ist in Deutschland erstaunlich traurig.“

Um mehr über die heiß disku­tierte Studie des Umwelt­bun­des­amtes zu erfahren und wieso das Gutachten der FDP infrage gestellt wird, lesen Sie hier weiter.

Bußgeld­vor­würfe immer über Geblitzt.de prüfen lassen

Sie wollen Ihren Bußgeld­vorwurf in Sachen Tempo, Rotlicht, Abstand, Parken, Halten, Überholen oder Handy am Steuer prüfen lassen? Dann können Sie Ihren Anhörungs­bogen oder Bußgeld­be­scheid bei Geblitzt.de einreichen. Zusätz­liche Kosten und zeitauf­wendige Treffen mit Anwälten entfallen. Unser Service – die Bereit­stellung einer techni­schen Infra­struktur und Prozess­kos­ten­fi­nan­zierung – ermög­licht den Partner­an­wälten eine schnelle und einfache Bearbeitung! Im Erfolgsfall vermeiden Sie Sanktionen wie Bußgelder, Punkte in Flensburg oder Fahrverbote.

Alle durch die anwalt­liche Prüfung anfal­lenden Kosten (Anwalts­kosten, Verfah­rens­kosten) werden entweder durch uns im Rahmen einer Prozess­fi­nan­zierung oder Ihre Rechts­schutz­ver­si­cherung übernommen. Bestehen Aussichten auf Einstellung des Bußgeld­ver­fahrens, wird Ihr Fall durch unsere Partner­kanz­leien nach Deckungs­zusage der Rechts­schutz­ver­si­cherung oder Finan­zie­rungs­zusage durch uns – inklusive Übernahme eventu­eller Gerichts­kosten – weiter vertreten.

Quellen: zdf.de, adac.de, merkur.de