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Der Toleranz­abzug bei Geschwindigkeitsverstößen

Beim Autofahren geblitzt - das kann keiner brauchen! Doch wer zu viele km/h auf dem Tacho­meter hatte, muss in der Regel mit einem Anhörungs­bogen oder Bußgeld­be­scheid rechnen. Wenn der Fahrer aller­dings nicht deutlich über dem vorge­schrie­benen Tempo­limit lag, kann er dank des Toleranz­abzugs den Sanktionen des Bußgeld­ka­talogs mögli­cher­weise entgehen. Warum diese Vorge­hens­weise seitens der Behörden in Deutschland gängige Praxis ist und für welche Messver­fahren der Toleranz­abzug infrage kommt, erfahren Sie hier.

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Toleranz­abzug: Das sind die Richtwerte

Die meisten Blitzer sind hochsen­sible, technische Geräte, die regel­mäßig geeicht und gewartet werden müssen. Um den Pkw-, Lkw- und Motor­rad­fahrern einen Spielraum für eventuelle Ungenau­ig­keiten der Messergeb­nisse einzu­räumen, gibt es den Toleranz­abzug - festge­setzt von der Physikalisch-Technischen Bundes­an­stalt (PTB). Dieser gilt für innerorts und außerorts gleicher­maßen. Es spielt also keine Rolle, ob Sie auf der Autobahn oder im Stadt­verkehr zu schnell unterwegs waren. Wohl aber ist von Bedeutung, ob Sie zum Zeitpunkt Ihrer Geschwin­dig­keits­über­schreitung unter oder über 100 km/h gefahren sind.


Im ersten Fall wird Ihnen ein Toleranz­abzug von ungefähr 3 km/h gewährt, im zweiten werden etwa 3 % von der Geschwin­digkeit abgezogen. Der jeweils ermit­telte Wert wird im Falle einer Dezimalzahl zugunsten des Verkehrs­teil­nehmers aufge­rundet. Ein Blick auf den Bußgeld­ka­talog für Geschwin­dig­keits­über­schrei­tungen zeigt, dass schon ein Unter­schied von wenigen Kilometern pro Stunde gravie­rende Änderungen in Bezug auf mögliche Bußgelder, Punkte in Flensburg oder Fahrverbote ausmachen.

Wer einen Tempo­verstoß begeht und dabei unter 100 km/h gefahren ist, kann mit einem Toleranz­abzug von 3 km/h rechnen. Bei über 100 km/h werden circa 3 % der Geschwin­digkeit abgezogen.

Messver­fahren & Toleranzabzug

Die Regelungen für den Toleranz­abzug beim Blitzen gelten für alle Radar­mess­geräte, Lichtschranken- und Laser­mess­ver­fahren. Eine Ausnahme bildet die sogenannte ProViDa-Technik (Proof Video Data System). Bei diesem mobilen Verkehrs­über­wa­chungs­system fährt die Polizei einem poten­zi­ellen Verkehrs­sünder nach und zeichnet den Verstoß mit einer Video­kamera auf. Hier beträgt der Toleranz­abzug 5 km/h bei Geschwin­dig­keiten von unter 100 km/h und 5 % bei einem Tempo von über 100 km/h, da auch das Messgerät in Bewegung und daher anfäl­liger für ungenaue Ergeb­nisse ist.


Nicht immer kann jedoch von starren Werten ausge­gangen werden. Schlechte Sicht­ver­hält­nisse bei Dunkelheit und ungüns­tigen Wetter­be­din­gungen können die Toleranz erhöhen. And last but not least: Auch bei Ampel­blitzern gibt es einen Toleranz­abzug von 0,1 bis 0,4 Sekunden, der für das Strafmaß bei einem Rotlicht­verstoß von großer Bedeutung sein kann. Nicht unwichtig für jeden, der auf seinen Führer­schein angewiesen ist - schließlich bedeutet bei Rot über eine Verkehrs­ampel zu fahren, schnell den Entzug der Fahrerlaubnis.

Wie tolerant sind unsere europäi­schen Nachbarn?

Nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland wird einem geblitzten Fahrer Toleranz gewährt. Der ADAC hat die jeweils geltenden Toleranz­werte in Europa genau unter die Lupe genommen. Die häufig auch von deutschen Autofahrern als Urlaubsziel angesteu­erten Nachbar­staaten unter­liegen folgenden Bestimmungen:

  • Öster­reich: Bei Laser­mes­sungen 3 km/h bzw. 3 Prozent (bei Tempo­limit über 100 km/h); bei Radar­mes­sungen 5 km/h bzw. 5 Prozent (bei Tempo­limit über 100 km/h)
  • Schweiz: Bei Laser­mes­sungen 3 km/h unter 100 km/h , 4 km/h bei 101-150 km/h, 5 km/h ab 151 km/h; bei Radar­mes­sungen 5 km/h unter 100 km/h, 6 km/h bei 101-150 km/h und 7 km/h ab 151 km/h
  • Italien: 5 Prozent der Geschwin­digkeit, mindestens aber 5 km/h
  • Spanien: 7 km/h unter 100 km/h, 7 Prozent ab 100 km/h
  • Frank­reich: Bei statio­nären Messungen 5 km/h unter 100 km/h, 5 Prozent über 100 km/h; bei mobilen Anlagen 10 km/h unter 100 km/h, 10 Prozent über 100 km/h

Im Ausland geblitzt – was tun?

Wird man jedoch in der Fremde geblitzt und auch die Toleranz kann einen Bußgeld­be­scheid nicht verhindern, kommt es drauf an, in welchem Land der Verstoß begangen wurde. Auslän­dische Behörden können in der Regel keine Sanktionen in Deutschland vollstrecken. Davon ausge­nommen sind jedoch alle EU-Mitgliedsstaaten, da diese unter­ein­ander ein Vollstre­ckungs­ab­kommen geschlossen haben. Lediglich Griechenland ist davon nicht tangiert.

So ist es zum Beispiel der Bußgeld­be­hörde in der Schweiz oder einem Staat außerhalb der EU nicht möglich, eine dort verhängte Geldstrafe in Deutschland einfordern. Im Rahmens des EU-Abkommens jedoch kann das Land, in dem der Fahrer einen Verkehrs­verstoß begangen hat, die Eintreibung des Bußgeldes beim deutschen Bundesamt für Justiz (BfJ) beantragen, wenn der Autofahrer bislang noch nicht bezahlt hat.

Mindest­grenze der Bußgeldhöhe

Aller­dings können die deutschen Behörden eine Geldbuße nur für Verstöße eintreiben, die mit mindestens 70 Euro sanktio­niert werden. Dabei werden jedoch die Verfah­rens­kosten mit einge­rechnet, sodass bereits ein niedri­geres Bußgeld die Kriterien erfüllen kann. In Öster­reich verhängte Geldbußen dürfen schon ab 25 Euro einge­trieben werden. Auch hier sind die Verfah­rens­kosten inklusive. Darüber hinaus können mehrere Vergehen, die in der Summe addiert auf die entspre­chende Bußgeldhöhe kommen, ebenso für die Eintreibung in Deutschland relevant sein.

Grund­sätzlich führt ein im Ausland began­gener Verkehrs­verstoß jedoch nicht zu Punkten in Flensburg oder einem Fahrverbot in Deutschland. Dennoch ist es ratsam, das Bußgeld bei Auffor­derung auch vor Ort zu entrichten. In einigen Ländern wie Polen oder Portugal kann es vorkommen, dass die Polizei den auslän­di­schen Fahrer entspre­chend instruiert. Wer sich weigert, muss unter Umständen mit der Beschlag­nahmung des Fahrzeugs oder sogar einer vorläu­figen Festnahme rechnen.

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Wikipedia: Anhörungs­bogen